EU beschließt harmlosen Rechtsstaatsmechanismus

EU beschließt harmlosen Rechtsstaatsmechanismus

Beim EU-Gipfel haben die Regierungen Polens und Ungarns ihr Veto gegen den EU-Haushalt und die damit verbundenen Corona-Hilfen zurückgezogen. Finanziell werden Polen und Ungarn davon relativ am meisten profitieren. Außerdem haben die beiden Regierungen den von ihnen vorher heftig abgelehnten Rechtsstaatsmechanismus akzeptiert. Die EU-Kommission darf Staaten EU-Gelder entziehen, wenn sie sich nicht an rechtsstaatliche Praktiken halten.

 

Dem Mechanismus wurden aber zuvor so ziemlich alle Zähne gezogen. Unter der deutschen Präsidentschaft wurde zunächst vereinbart, dass sich der Rechtsstaatsmechanismus nur auf die Verwendung von EU-Geldern beziehen darf. In anderen Fällen, wenn etwa die polnische Regierung weiter gegen unliebsame Richter*innen vorgeht oder Viktor Orban in Ungarn die Medien knebelt, kann die EU keine Gelder kürzen. Urspünglich sollte der Mechanismus den Rechtsstaat insgesamt schützen. Wenn Orbán, wie ihm wiederholt vorgeworfen wurde, EU-Gelder veruntreuen lässt, dann könnte der Rechtsstaatsmechanismus vielleicht greifen. Die Betonung liegt auf „vielleicht“ oder besser „sehr vielleicht“. Unter Beteiligung der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde eine Erklärung abgegeben, wonach für den Entzug von Geldern eine Entscheidung der Kommission plus eine Qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten notwendig ist. Das heißt mindestens 15 der 27 EU-Länder müssen dafür sein und sie müssen mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren. Eine hohe Hürde. Ursprünglich war das Umgekehrte vorgesehen, dass nämlich ein Vorschlag der Kommission nur mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt werden kann. Die Anwendung der Rechtsstaatsklausel ist außerdem so lange ausgesetzt, wie der Europäische Gerichtshof braucht, über einen Einspruch zu entscheiden. Das bringt nochmal zumindest eine erhebliche Verzögerung und Zeit für politische Manöver. Die Erklärung ist zwar nicht rechtlich bindend, doch in der Realität wird sie die Kommission kaum ignorieren können und unter ihrer Mitautorin von der Leyen auch nicht ignorieren wollen.