Die EU-Kommission hat Polen unter Androhung einer Verwarnung, dazu aufgefordert, eine umstrittene Justizreform zu korrigieren. Ein entsprechendes Ultimatum dazu läuft kommenden Montag ab.
Dies wird wahrscheinlich nun dazu führen, dass EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans eine offizielle Verwarnung aussprechen wird. Eine Verwarnung Polens wäre der nächste Schritt des im Januar eingeleiteten Verfahrens zum Schutze des Rechtsstaats. Sollte dieses Verfahren tatsächlich eingeleitet werden, wäre es innerhalb der EU ein Präzedenzfall.
Grund für den Ärger ist die Weigerung der polnischen Regierung, mehrere Verfassungsrichter zu vereidigen, die noch unter der alten Regierung ernannt worden waren. Zudem war eine Justizreform in Gang gesetzt worden, die das Verfassungsgericht in seiner Arbeit deutlich behindert. Dieser Vorgang wurde – vom Verfassungsgericht selbst – für verfassungswidrig erklärt.
Zusätzlichen Zündstoff lieferte ein Schreiben Timmermans an die polnische Regierung. Dieses war über unbekannte Quellen an die Presse verschickt worden. In dem Schreiben hieß es unter anderem, Polen würde die Regeln der Demokratie missachten. Weiter war davon die Rede, dass Menschenrechte, Freiheit und der Rechtsstaat ohne ein unbeeinträchtigtes Verfassungsgericht nicht funktionieren könnten. Polens Außenminister Waszczykowski warf der EU-Kommission daraufhin Betrug vor, Regierungschefin Szydlo reagierte trotzig, sprach von einem Eingreifen der EU in die Souveränität Polens und sagte wörtlich: „Man werde sich niemals einem EU-Ultimatum beugen.
Der Kurs der rechtskonservativen Regierung ist in Polen heftig umstritten. Die tiefe Meinungsverschiedenheit auch innerhalb des Landes wurde durch den ehemaligen Vizeaußenminister Polens deutlich. Er warf der Regierung eine „Schändung der Verfassung“ vor, der Vorsitzende der konservativen Bauernpartei warnte gar vor dem Heraufbeschwören eines Bürgerkriegs.
Zuletzt hatten Anfang Mai in Warschau fast eine Viertelmillion Menschen für einen pro-europäischen Kurs Polens demonstriert.