Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit immer wieder Lippenbekenntnisse abgelegt, das Ziel einer Verminderung des Pestizid-Einsatzes in der industriellen Landwirtschaft zu verfolgen. Tatsächlich aber schützt sie mit allen - auch illegalen - Mitteln, Groß-Konzene wie Monsanto-Bayer, damit sogar ein längst als hochgefährlich erkanntes Pestizid wie Glyphosat in der EU für weitere zehn Jahre eingesetzt werden darf. Ein Bündnis von Umwelt-Organisationen will hiergegen nun gerichtlich vorgehen.
Am 26. Juni 2024 lehnte die Europäische Kommission den Antrag von PAN Europe - eines Bündnisses von Umwelt-Organisation – ab, die 10-jährige Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen. Die Nichtregierungs-Organisationen (NGO) werden nun vor Gericht gehen und haben dafür ein Zeitfenster von zwei Monaten.
Auch die EU-Mitgliedstaaten haben jetzt die Möglichkeit, ihre nationalen Zulassungen für Glyphosat-Produkte zu überprüfen. Trotz Genehmigung des Wirkstoffs auf EU-Ebene sind nationale Verbote glyphosathaltiger Pestizid-Produkte rechtlich möglich.
Im Januar 2024 stellten Client Earth, Générations Futures, Global2000, PAN Germany, PAN Netherlands und PAN Europe einen formellen Antrag an die EU-Kommission auf interne Überprüfung der Glyphosat-Wiedergenehmigung. Sie forderten, die Entscheidung über die Wiedergenehmigung des Herbizid-Wirkstoffs zu revidieren. Hierzu reichten die NGOs eine umfangreiche Dokumentation ein, die die zahlreichen Mängel in der Arbeit der beteiligten EU- Behörden darlegt. Beanstandet wurde zudem, dass die Europäische Kommission eine Reihe relevanter Datenlücken, die von der EFSA festgestellt wurden, außer Acht ließ, was nicht im Einklang mit der Pestizid-Verordnung (EG) 1107/2009 steht.
Trotz der dokumentierten erheblichen Mängel weigerte sich die Kommission, die Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen und lehnte nun den entsprechenden Antrag der NGOs ab. Zu den von den NGOs dargelegten Mängeln zählen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Bewertungen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) bezüglich des Krebsrisikos, der Genotoxizität, der Neurotoxizität, Störungen des Hormonsystems sowie Toxizität für Insekten und Amphibien. Sie kritisieren, daß die Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen systematisch ignoriert oder ihnen ein weitaus geringeres Gewicht beigemessen wurde als den teilweise jahrzehntealten Auftrags-Studien der Industrie. Darüber hinaus weigere sich die Kommission nach wie vor, die Toxizität eines repräsentativen Pestizid-Cocktails, einer sogenannten Formulierung - eines Herbizids auf Glyphosatbasis - zu bewerten. Denn dann könnten die synergistischen Effekte der Mischung aus Glyphosat und Beistoffen nicht mehr länger ausgeblendet werden.
Angeliki Lyssimachou, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, sagt: "Zahlreiche Beweise zeigen eindeutig, daß Glyphosat-Pestizide Mensch und Umwelt schädigen können, was ihr Verbot nach EU-Recht rechtfertigt. Dennoch spielen die EFSA, die ECHA und die Europäische Kommission diese Fakten weiterhin herunter. Die Antwort der Kommission bestätigt ihren Unwillen, das hohe Schutzniveau, das die demokratisch legitimierte EU-Pestizid-Verordnung vorschreibt, wirklich einzuhalten. Wir fordern den Europäischen Gerichtshof auf, zu intervenieren und die Kommission zu zwingen, sich an ihre eigenen Regeln zu halten".
Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany sagt: "Es ist überfällig, das Mantra der Behörden, daß die Einstufung von Glyphosat als »nicht krebserregend« auf der ausgewogenen Bewertung aller vorliegenden Beweise basiere, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist das nicht haltbar."
Nach der Wiedergenehmigung des Wirkstoffs durch die EU müssen die Mitgliedstaaten innerhalb von 15 Monaten eine nationale Entscheidung über die Wiederzulassung von Produkten treffen. Wie kürzlich in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs angemahnt, dürfen die Mitgliedstaaten die Produkte nicht wieder zulassen, wenn sie Zweifel an der Sicherheit der Produkte haben. Angesichts der zahlreichen Beweise für die Schädlichkeit von Glyphosat-Pestiziden für Mensch und Umwelt sollten die Mitgliedstaaten nationale Verbote durchsetzen.
Es dürfte interessant sein, zu beobachten, wie sich der deutsche Landwirtschafts-Minister, der pseudo-grüne Cem Özdemir, entscheiden wird.