Dolch im Rücken statt Lanze brechen?
Bei der Verabschiedung des Landeshaushalt 2012 am Mittwoch den 15.2.12 mit einem Gesamtvolumen von rund 39 Milliarden € ohne Neukredite hat die grün-rote Koalitionsmehrheit auch die Aufnahme eines Haushaltstitel im Staatsministerium beschlossen, der den nichtkommerziellen Radios an neun Standorten sage und schreibe 97.000 € zu kommen lassen will. Angesichts des Investitionsstaus allein bei Radio Dreyeckland in Höhe von 70-80.000 € wahrlich keine Lanze für die freien Radios.
Dennoch: Ein vorsichtiges Signal in Richtung freie Radios? Eher schon ein halber Dolchstoss in den Rücken der freien Radios.
Denn: Selbstverständlich wurde dieser Fraktionsvorstoss nicht nur nicht mit den freien Rundfunkveranstaltern im Lande abgesprochen (Bürgerbeteiligung narri-narro!). Obwohl diese ein gutes halbes Jahr lang ein korrektes Vorgehen sowohl über die Rechtsaufsicht über den Haushalt der Medienbehörde LfK als auch die Änderung des Landesmediengesetzes den Koalitionsfraktionen nahe gebracht haben.
Doch abgesehen von der Kritik des systemwidrigen Vorgehens - Verwendung von Steuermitteln statt Mittel aus der Rundfunkgebühr - hält auch die Begründung des Haushaltsantrages von Edith Sitzmann und Claus Schmiedel einige massiven Pferdefüsse bereit: "Da der Umfang der Förderung der NKL seitens der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) im Landesmediengesetz momentan auf bis zu 10 % der der LfK zustehenden Rundfunkgebührenmittel gedeckelt ist und dieser Deckel komplett ausgereizt wird, bedarf eine Verbesserung der Förderung der NKL einer Änderung des Gesetzes. Es ist angedacht, dass eine Änderung des Landesmediengesetzes 2012 in Angriff genommen wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass eine entsprechende Änderung schon aufgrund der Dauer des regulären Gesetzgebungsverfahrens erst zum 1. Januar 2013 in Kraft treten kann.
Dennoch soll möglichst schon ab 2012 die Situation der NKL verbessert werden, da die NKL aufgrund rückläufiger Rundfunkgebühreneinnahmen auch mit einer sinkenden Förderung seitens der LfK konfrontiert sind. Die einmalige Finanzierung eines Betrages in Höhe von 97.000 EUR aus dem Haushalt zugunsten der NKL bildet daher eine Überbrückungsfinanzierung für das Jahr 2012, bevor im Jahr 2013 eine etwaige Änderung des Landesmediengesetzes in Kraft treten kann.
An dieser Begründung stimmen zentrale Aussagen schlicht nicht:
1. Selbstverständlich ist der Deckel nicht "komplett ausgereizt". Fakt ist vielmehr:
# Seit 2 Jahrzehnten wird rechtswidrig auf die gesetzliche Veranstaltungsförderung der nichtkommerziellen Veranstalter die Telekomkosten und die Aus- und Fortbildungskosten angerechnet.
# Seit drei Jahren beläuft sich der LfK-Haushalt auf über 10 Millionen Euro - die für alle NKL bereitstehenden Mittel wurden derweil kontiuierlich auf unter 900 .0000 € abgesenkt. Davoni fliesst mehr als die Hälfte direkt an an die Mediabroadcast/ France Telkom
# Zugleich wird aber eine Reserve von 1,2 Mio. € aufgebaut, die für die Digitalisierung reserviert ist und gewinnmachenden kommerziellen Hörfunkveranstaltern zugeschachert werden sollen.
Eigentlich ein klassisches Betätigungsfeld einer Rechtsaufsicht, die dem Namen entspricht- allerdings auch offenkundig nicht bei grün-rot?
2. Tiefblicken lässt auch die Formulierungen : " Es ist angedacht im Jahre 2012 ......... bevor im Jahr 2013 eine etwaige Änderung des Landesmediengesetzes in Kraft treten kann".
Also die Mediengesetzänderung wird also in 2012 nur "angedacht" und als nur eine "etwaige" gehandelt - sehr interessant Frau Sitzmann, Herr Schmiedel.
Langwierig ist eine Gesetzesänderung nach mehr als einem Jahr wahrllch nicht . Bis zur Sommerpause wäre sie vielmehr problemlos abschließbar.
Ihnen ist erkennbar wichtiger, den Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk via SWR Staatsvertrag zu ändern.
Das lässt in der Tat "etwaig"mehr als böses "andenken"!
Der Antrag vom 27. Januar 2012 hat aber - unvorhergesehen - etwas durchaus positives bewirkt: Nach knapp dreissig Jahren tauber Ohren hat die CDU/FDP Opposition im beratenden Finanzausschuss jetzt die Notwendigkeit erkannt, den 10-Prozent Deckel bei den nichtkommerziellen Veranstaltern abzuschaffen! Man höre und staune auch der sogenannten Vorwegabzug zu Gunsten des SWRs für seine durch die Rundfunkgebühr ohnehin schon abgedeckten Aufgaben wird jetzt in Frage gestellt.
Wir hören die Worte und werden auf die Taten sehen - bei allen!!! Kurios wäre es allerdings, wenn die schwarz-gelbe Opposition die "Lanzenbrecher" zum Jagen tragen müsste!
K.-Michael Menzel
vgl. auch Lanzebrechen geht anders (17.11.2011)