Gemeinderat: wohlfeile Sonntagsreden und Fakten gegen das Klima und den sozialen Ausgleich schaffen?

Gemeinderat: wohlfeile Sonntagsreden und Fakten gegen das Klima und den sozialen Ausgleich schaffen?

Fünf (!) Monate hatte sich das Bürgermeisteramt Zeit gelassen, um eine die Gemeinderatsfraktionen übergreifende Anfrage nach einem kommunalen Handlungsprogramm Wohnen zu beantworten. Die Gemeinderäte hatten gerade mal seit Freitagabend Zeit das Credo von Neideck/Salomon nach dem Strickmuster “ein knappes Angebot führt bei steigender Nachfrage zu steigenden Preisen“ und allenfalls wachsweiche Vorschläge an die Landesregierung (Zweckentfremdungsverbot und Umwandlungsverbot) zu lesen, die ein mehrmonatiges Verfahren einleiten sollen. Angeblich um einen Einklang von Ökologie,sozialer Aspekte und Ökonomie zu schaffen.
Das Gegenteil ist aber richtig!
Am 27. März sollen - trotz aller Sonntagsreden des Bürgermeisteramtes - harte Fakten geschaffen werden, mit einem Abverkaufsprogramm in der Haslacher Gartenstadt (91 Häuser mit 200 Wohnungen) weiterem „Streubesitz“ und dem Grundsatzbeschluss zum kreditfinanzierten Verkauf von 942 städtischen Wohnungen an die FSB - ohne jede energetische Sanierungsauflage .
Die FSB steht zwar selbst vor einem riesigen energetischen Sanierungsstau von mindestens 3.500 Wohnungen – real dürften weitere 2000 bis 1999 nur teilsanierte Wohnungen hinzu kommen – in den nächsten 12 Jahren mit 191 Mio € Mindest- Aufwand. Sie weist aber in der Bilanz 54 ,4 Mio € aus Mieten erwirtschaftete Gewinnrücklagen aus. Offenes Geheimnis ist, daß weiter 747 Wohnungen des Niedrigpreissegmentes der FSB ausserdem abgerissen und durch Neubau ersetzt werden sollen, zusätzlich zu den über 200 die jetzt in Herdern und Weingarten anstehen. Mehr als 10 Prozent ihres aktuellen Bestandes entzieht die FSB so gerade dem Segment der preisgünstigen Wohngen.
Motto: Knappheit für Niedrigeinkommen können wir auch selbst - städtisch – schon lange erzeugen!

In der Vorlage G 12/095, Anlage 2 zu den Verkaufsplänen der 945 städtischen Wohnungen wird auch deutlich , dass in den nächsten 10 Jahren keine energetische Sanierung und schon gar nicht warmmietenneutral vorgesehen ist, sondern nur der nicht bilanzierungspflichtiger Instandhaltungs bzw. -setzungsaufwand, der aus Mieten (aktuell 4,5 Mio € oder 6,15€ je qm/Monat) mit 1,2 Mio € jährlich erwirtschaftet wird.
Damit komplementiert sich das Bild:
In der denkmalgeschützten Haslacher Gartenstadt wird die Verknappung relativ preisgünstigen Miet-Wohnraums wie zuvor in der Johann-Sebastian Bach str. unvermindert fortgesetzt.
Zusammen mit den städtischen Häusern an der Bauhöferstr. 43-109 werden vor allem in der Freiligrathstr. kapp 100 Häuser mit ca, 200 Wohnungen jetzt neu verkauft. Der Buchwert liegt bei Null, der Verkaufspreis bei 130-150.000 € je Haus mit 88 qm (Finanzbürgermeister Neideck im Bauausschuss der FSB).
Selbst die FSB gesteht in der GR-Vorlage ein, daß jedes Haus einen Sanierungsstau von mindestens 90.000 € (bis 150,000€) auf weist. Hinzu kommen Grundstückskosten von ca. 96.000 €, die auch als Erbauzins (4 %) erbracht werden können.
Damit wird
a) erneut die FSB aus ihren jahrzehntelang verschleppten Vermieterpflichten (Instandhaltung) nicht nur entlassen, sondern ihr wird gar freigestellt, die (Wucher-) Erlöse in die ohnehin aus Mieterlösen vorzunehmende Instandhaltungen zu investieren, statt im Bestand beschleunigt warmmietenneutrale energetische Modernisierungen vorzunehmen.
Eine klimaschonende Politik geht anders – gestern wie heute!
b) auch die Erwerber – meist nicht die alten Mieterinnen – stehen dumm da: sie müssen mit einem überteuerten Altbau (zum Vergleich 1700 € qm/Wfl gegen 865 € /qm Wfl incl Grundstück (!) beim Deal Stadt an FSB) der einen hohen Sanierungsaufwand (mindestens 1022€/qm Wfl) unter Denkmalschutz hat und zusätzlich werden sie mit einem Erbbauzins belastet (3,63 €/qm Wfl im Monat).
Sozial - auch für das besserverdienende grüne Klientel - geht anders!

All diese Tatsachen können die Gemeinderäte nachrechnen. Wenn sie sich Zeit nähmen , die Vorlage gründlich durchzuarbeiten incl. jener, die dem AR der FSB vorlagen. Sie können auch die Expertise - am Beispiel der Joahnn-Sebastain Bach Str. nachgewiesen - des Mietshäusersynikats vor ihren Entscheid einholen (Nur die Stadträtin Buchen (SPD) und von Gayling (FDP) waren am 2.3. bei der Veranstaltung in Haslach.) .

Katastrophal am Deal Stadt FSB ist aber - neben dem Verschluss in die Geheimhaltung des AR der FSB - vor allem:
Erkennbar hoch sanierungsbedürftige Wohnbestände werden sehenden Auges so verkauft, daß sie nicht warmmietenneutral saniert werden können:

Am Lindenwäldle 138 Wohnungen, in der Tellstr. 99 Wohnungen, im Stühlinger: 183 Wohnungen an der Emmendinger Konradin Kreutzer, Rennweg,Komturstr. 183 Wohngen, Im Mooswald: in der Elsässer ,Drachen- und Elefantenweg usw. 47 Häuser und Wohnungen, an der Schwarzwaldallee nicht nur die Knopfhäuslesiedlung mit 74 Wohnungen und weitere 34 beim Gasthaus Schützen, die Freiau mit 23 Wohnungen und 40 Wohnungen in der Schönbergstr. in der Haslacher Gartenstadt.
Pikant an den Wohnungen in der Haslacher- Gartenstadt und Stühlinger ist, daß hier ja gerade Bestände aktuell (Gartenstadt) oder in der Vergangenheit abgestossen wurden ,als nicht wirtschaftlich. Nur verwunderlich, daß sie jetzt von der GAGFAH z.B. in der Lortzingstr. vermarktet werden als Eigentumswohnungen.
Es wundert folglich nicht, daß in den Vorlagen des Bürgermeisteramtes das Steuerungsinstrument Erbbaurechte nur unter ferner liefen auftaucht ,wo doch ganze Stadtquartiere in der Vergabgebheit mit diesem Instrument hochgezogen wurden (Gartenstadt,Haslach,Weingarten Landwasser und wenn die Stiftung einbezogen wird: ECA Siedlung und viele weitere Grundstücke auch in Herdern oder der Innenstadt).
Das Schweigen des Bürgermeisteramtes zu diesem unmittelbaren Steuerungselement ist mehr als beredt und leider wird eine Anfrage der UL für den 27.März 2012 zudiesem Instrument zu spät kommen.
Stattdessen läuft der Gemeinderat gedankenlos zum 27. März dem völlig uninspirierten Gespann Neideck/Salomon hinterher, das die nominelle Schuldenreduzierung (richtig: Verlagerung) als Monstranz vor sich her trägt, ohne ansatzweise die sozialen und klimaschädlichen Kosten zu berücksichtigen,

Wer solch eine Politik gut heißt , um hinterher im Juli Sonntagsreden zu sozialen Ausgleich und klimagerechter Politik im Handlungsprogramm Wohnen zu halten, sollte besser schweigen, gehört aber sicherlich nicht in den Gemeinderat oder gar auf die Bürgermeisterbank.

K.- Michael Menzel 19.3.2012