In diesem Beitrag blicken wir nach Syrien. Dort haben durch Türkei unterstützte sunnitische Milizen Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und die Syrian National Army (SNA) eine Großoffensive gegen das Assad-Regime in Nordostsyrien gestartet, aber auch Kurdengebiete angegriffen. Die Großstadt Aleppo sei bereits fast eingenommen, heißt es aus vielen Leitmedien.
Um darüber zu sprechen, was da genau vor sich geht und es in einen höheren Rahmen einzuordnen, sprach RDL mit Jan, der mehrere Jahre als Türkei-Korrespondent gearbeitet hat und sich in dem Raum Nahost/Westasien auskennt.
Update 3.12.24, 10:45 Uhr: Die Armee des Assad-Regimes hat den Vormarsch der Rebellen Richtung Damaskus vor Hama wohl tatsächlich gestoppt, bzw. wesentlich verlangsamt. Die Rebellen machen jedoch weiter kleinere Geländegewinne und setzen Drohnen ein. Ob die Armee Hama, eine ehemalige Rebellenhochburg, auf Dauer halten kann, ist unklar. Das Regime erhält Verstärkung von tausenden pro-iranischer Milizionäre aus dem Irak. Die russisch-syrische Luftwaffe hat erneut zahlreiche Luftangriffe vor allem gegen zivile Ziele in Aleppo und Idlib geflogen. Im Süden des Landes gibt es weiter kleine Demonstrationen gegen das Regime und gegen die Luftangriffe, wobei die Teilnehmer*innen ein hohes Risiko eingehen.
SNA-Truppen, eventuell auch HTS, sind massiv gegen kurdisch kontrollierte Gebiete in der Nähe von Aleppo vorgegangen. Sie haben die Stadt Tell Rifaat erobert, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seit langem kontrollieren wollte. Kurdische Geflüchtete aus dem von der Türkei früher eroberten kurdischen Kerngebiet von Afrin, wurden erneut in kurdisch kontrolliertes Gebiet im Osten (Rojava) vertrieben. Von 120 000 Menschen ist bisher die Rede. Es ist auffallend, dass doch eine erhebliche Streitmacht der Rebellen, sofort die Kurd*innen angreift und von der Türkei mit Drohnen und Artillerie unterstützt wird. Das zeigt, dass die Türkei ein Hauptinitiator der Offensive ist, was aufgrund der Beziehungen der SNA zur Türkei ohnehin zu erwarten war. In Ankara redet man die eigene Rolle und die eigenen Absichten jedoch klein.
Am Euphrat gibt es eine lokal begrenzte Offensive der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) gegen das Regime, bzw. pro-iranische Milizen. Mit Unterstützung lokaler arabischer Stämme sollen 7 arabische Dörfer erobert worden sein. Der Vorstoß soll sich auch gegen den IS richten, kommt aber der Nachschublinie des Regimes aus dem Irak bei Deir ez-Zor sehr nahe.
jk