Bamf legt Anträge von SyrierInnen vorerst auf Eis - Lage in Syrien keineswegs friedlich

Bamf legt Anträge von SyrierInnen vorerst auf Eis - Lage in Syrien keineswegs friedlich

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat seit einigen Wochen keine Anträge mehr von AntragstellerInnen aus Syrien entschieden. Dies geht aus einem Bericht der Funke Mediengruppe hervor, der vom Bamf bestätigt wurde. Es soll seit Mitte März eine interne Neubewertung der Lage in Syrien geben. Diese wurde aber nicht veröffentlicht. Im November hatte das Innenministerium einer Verlängerung des Abschiebestopps für Syrien bis Juni schließlich zugestimmt. Offenbar will das Bamf im Moment keinen subsidiären Schutz gewähren, um eventuell nach Ablauf der Verlängerung auch nach Syrien abschieben zu können. In der Stellungnahme des Außenministeriums hatte es noch geheißen, dass in keinem Teil Syriens "ein umfassender, langfristiger und verlässlicher Schutz für verfolgte Personen" bestehen würde.

Das entspricht auch der Nachrichtenlage: Nach Angaben der halbstaatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu gab es alleine auf das von Rebellen kontrollierte Gebiet um Idlib im Monat März 6422 militärische Angriffe. In Idlib leben derzeit etwa 3 Mio. Menschen, ein großer Teil davon Binnenflüchtlinge. Nicht gezählt hat Anadolu die Angriffe, die von Idlib aus ausgeführt wurden. Dies dürften allerdings deutlich weniger gewesen sein. Einen Guerillakrieg niederer Intensität führen derzeit kurdische Kräfte in von der Türkei und ihren Verbündeten kontrollierten Gebieten aus. Umgekehrt greifen protürkische Kräfte zum gleichen Mittel. Außerdem bedroht die Türkei das gesamte von KurdInnen und ihren Verbündeten kontrollierte Gebiet im Nord mit Krieg. Auch der IS führt noch immer einen Guerilla-Krieg sowohl gegen die kurdisch dominierte SDF als auch gegen das Assad-Regime. Ein Krieg zwischen den prokurdischen Kräften und dem Assad-Regime ist ebenfalls weiter möglich. Ebenso ein größerer Krieg um Idlib. Es gibt nicht den Hauch einer Garantie, dass das Regime mutmaßliche GegnerInnen bei einer Rückkehr verschont. Es gibt auch Berichte, wonach Parteigänger des Regimes den Besitz von Vertriebenen übernommen haben. Sie dürften Heimkehrer nicht mit offenen Armen empfangen. In Idlib hat die fundamentalistische HTS (Delegation zur Befreiung Syriens, weitgehend Nachfolgerin der An-Nusra-Front und damit auch von Al-Qaida) praktisch die Macht übernommen. Auch in Afrin und dem benachbarten Gebiet um Azaz/El-Bab/Dscherablus bestimmen fundamentalistische Milizen den Alltag. In dem verbleibenden von der kurdischen DYP dominierten Gebiet herrschen etwas bessere Zustände, aber auch der kurdischen Verwaltung wurden Menschenrechtsverstöße vorgeworfen.

 

Wenn auch der Krieg deutlich nachgelassen hat, so gibt es doch noch in großen Teilen Syriens Anschläge, Luftangriffe etc. Und gleich mehrere Bewaffnete Konflikte sind im Moment nur eingefroren, können aber jederzeit wieder ausbrechen. Wenn mensch von halbherzigen Gesprächen zwischen der kurdischen Verwaltung und dem Regime absieht gibt es nirgends auch nur ansatzweise Verhandlungen zur Lösung der zahlreichen sehr gefährlichen Konflikte in und um Syrien. Syrien gleicht einem zur Hälfte gelöschten Haus in dessen Keller sich weiter die Pulverfässer stapeln. Die Haltung des Bamf und des Innenministeriums ist gelinde gesagt zynisch.

jk