Locarno Blog 17

Alles Roger
in Kambodscha?

„Same same but different“ zumindest bei Detlef
Buck

Aus Locarno: Martin Koch

„Ein Film von Buck“
heisst es jetzt schon seit 19 Jahren und zum achten Mal zu Beginn
eines Kinofilms. Wobei der Zuschauer dabei schon mal klarer wusste wo
er dran war – schräge Charaktere in derb-witzigen und etwas
klamottigen Blogs hatten das Buck-Universum in gelungenen Filmen, wie
„Männerpension“ und weniger gelungenen Werken, wie „LiebesLuder“
bevölkert.

Locarno Blog 17

Alles Roger
in Kambodscha?

„Same same but different“ zumindest bei Detlef
Buck

Aus Locarno: Martin Koch

„Ein Film von Buck“
heisst es jetzt schon seit 19 Jahren und zum achten Mal zu Beginn
eines Kinofilms. Wobei der Zuschauer dabei schon mal klarer wusste wo
er dran war – schräge Charaktere in derb-witzigen und etwas
klamottigen Blogs hatten das Buck-Universum in gelungenen Filmen, wie
„Männerpension“ und weniger gelungenen Werken, wie „LiebesLuder“
bevölkert.

Das tun sie zwar teilweise
immer noch, doch mittlerweile liefern die Plots den Zuschauern nicht
nur Lacher, sondern stellen auch Fragen: „Knallhart“ fragte nach
dem richtigen Handeln, wenn man im Problemviertel Berlin-Neukölln
aufwächst und „Same same but different“ wird noch ein ganzes
Stück persönlicher: was tust du, wenn deine Freundin AIDS hat?

Addressiert sind die
Fragen in beiden Filmen an David Kross, der sich in „Knallhart“
noch durch einen etwas wüsten Gangsterplot durchschlug und nun als
blutjunger Asienreisender Benjamin Prüfer eine Kambodschanerin
kennenlernt. Sie heisst Sreykeo (Apinya
Sakuljaroensuk
) und arbeitet zu
Beginn als Prostituierte. Mit ihm verlebt sie wunderbare Stunden,
besucht zum ersten Mal einen Arzt, gibt die Prostitution für einen
Kellnerjob auf – kurz: alles scheint gut zu werden. Bis eben die
fatale Diagnose eintrifft.

Worauf der mittlerweile
nach Hamburg zurückgekehrte Ben aber nicht daran denkt, die
komplizierte Liebesbeziehung aufzugeben. Er selbst ist nicht
infiziert, aber dennoch versucht er Sreykeo mit allen Mitteln zu
helfen, bezahlt ihr Medizin, reist zu ihr und auch die spontane
Frage, ihres Vaters, wann er der ganzen Familie ein Haus in ihrem
Heimatdorf baut, kann ihn nicht von seiner Flamme losreissen. Das
alles klingt also, um kurz unromantisch einzuhaken, nach einer
Schmonzette, wie sie in so manchem Bahnhofskiosk-Taschenbuch steht.

Die Vorlage
allerdings stammt nicht von einem im Fabrikstil arbeitenden
Kitsch-Schreiber, sondern von Benjamin Prüfer selbst, der Bens Reise
selbst erlebt, aufgeschrieben und veröffentlicht hat, was im Film
durch einen Nebenplot über Bens Journalisten-Karriere thematisiert
wird. Und Buck setzt diesen Tatsachenbericht in Bilder um und schafft
dabei ein charmantes Roadmovie, dass schnell zur interkulturellen
Lovestory wird. Dabei stürzt er sich mit Ben in eine Liebesbeziehung
mit ungewissem Ausgang. 25 Jahre, so rechnet Bens bester Kumpel vor,
kann Sreykeo mit den richtigen Medikamenten leben. Genug Zeit für
Ben?

Es geht Buck darum, AIDS
nicht nur als Schrecken, sondern auch als Tatsache zu thematisieren
und das in sonstigen AIDS-Filmen damoklesschwertartig über der
Handlung baumelnde Thema Tod hinten anzustellen – neben dem Leben
als turbulente und ungewisse Reise im Hier und Jetzt. Das alles
erzählt „Same same but different“ mit groovender Musik, Fernweh
erzeugenden Bildern und ruhigem Erzählstil, ohne dabei aber je
langweilig zu wirken. Es gibt zu viel zu entdecken auf Reisen in
Kambodscha, in der wilden Jugend, in der Liebe, im Leben.

David Kross
überzeugt dabei in der Hauptrolle als mit sich selbst kämpfender
Ben, der im Beruf von Praktikum zu Praktikum schlitterte und die
freien Tage als Rucksacktourist verbrachte. Und der nun eine
Entscheidung fürs ganze Leben treffen muss. Und die ihm die
bezaubernde Apinya
Sakuljaroensuk nur auf den ersten Blick leichter macht, auf den
zweiten Blick ergeben sich aus ihren völlig unterschiedlichen
Situationen Probleme, die das Vertrauen und Verständnis der
Verliebten ernsthaft auf die Probe stellen.

Es
geht also um ein bierernstes Thema, dass Buck aber nicht ohne seine
ihm eigene gemütliche Lockerheit umsetzt. Auch wenn bei einer so
rund erzählten Geschichte immer der Verdacht von Konstruktionen
auftreten muss, ist ihm ein stimmiger, spannender und reifer Film
gelungen.