Nach BKA-Statistik erheblich weniger Gewalt gegen Polizeibeamt*innen

Nach BKA-Statistik erheblich weniger Gewalt gegen Polizeibeamt*innen

In einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes vom 28. Mai ist zu lesen, dass die Fälle von „Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen“ im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 8,6 % zugenommen haben. Daraus wurde in der Bildzeitung die Balkenübersschrift „Bittere BKA-Bilanz. Immer mehr Gewalt gegen Polizisten“. Seitdem beherrscht die Gewissheit, dass es „mehr“ oder gar „immer mehr“ Gewalt gegen Polizist*innen gibt, zahlreiche Kommentare, etwa zu Ausschreitungen gefrusteter Jugendlicher in Stuttgart und Frankfurt. Einzige Ausnahme ein Faktencheck der Tagesschau am 24. Juni, der aber bei anderen Medien und in den Verlautbarungen des Innen- und Heimatministers unbeachtet blieb. Auch bei der Absage einer Studie über Rassismus in der Polizei wurde das Thema der zunehmenden Gewalt gegen Polizeibeamt*innen wieder bemüht.

 

Man muss den Text der Pressemitteilung aber nur genau lesen. In der Mitteilung werden zwei Delikte willkürlich in den Vordergrund gestellt. Die Webseite „Der Volksverpetzer“ hatte schon einen Tag später herausgefunden, dass es noch mehr Straftaten gegen Polizeibeamt*innen gibt, die im hinteren Teil des Lageberichts des BKA auch erwähnt werden. Nimmt man sie alle zusammen, so kommt man nur noch auf einen Zuwachs von 1,3 %. Nimmt man die vom BKA selbst als Gewaltkriminalität bezeichneten Delikte: Mord, Totschlag, Raub, Körperverletzung mit Todesfolge, schwere und gefährliche Körperverletzung zusammen, so gehen die Zahlen sogar um 31,2 Prozent zurück. Die Statistik zeigt also einen erheblichen Rückgang der Gewaltdelikte gegen Polizeibeamt*innen.

Selbst die Zunahme bei den beiden weniger schweren Delikten, „Widerstand“ und „tätlicher Angriff“, ist zweifelhaft. Bis zum 31. Dezember 2017 gab es nur den Widerstand. Dann wurde der tätliche Angriff eingeführt, mit der klaren Absicht das Strafmaß zu erhöhen. Der Zuwachs geht nun alleine auf den tätlichen Angriff zurück, während die Fälle von Widerstand leicht zurückgegangen sind. Die Vermutung liegt nahe, dass die Polizeibeamt*innen anfangs mit dem neuen Paragraphen noch wenig vertraut waren und ihn deshalb erst später vermehrt angewendet haben. Beide Delikte haben nahezu die gleiche Aufklärungsquote um 99 %. Dass die gleiche Situation sowohl zu einer Anzeige wegen Widerstand und wegen „tätlichem Angriff“ führt, ist keineswegs ausgeschlossen. Deshalb lässt sich nicht sagen, ob überhaupt eine Zunahme stattgefunden hat. Das einzige was die Statistik hergibt ist, dass die schweren körperlichen Angriffe auf Polizeibeamt*innen von 2018 auf 2019 erheblich zurückgegangen sind.

jk