Neue Ungereimtheiten um den Tod eines syrischen Häftlings in Kleve

Neue Ungereimtheiten um den Tod eines syrischen Häftlings in Kleve

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Ende September 2018 starb der 26-jährige Syrer Amed A. an den Folgen eines Brandes in seiner Zelle zwölf Tage zuvor. In der JVA Kleve war Amed A. aufgrund einer Verwechslung seit Anfang Juli inhaftiert. Nach Angaben der Polizei war sein Datensatz versehentlich mit dem Datensatz eines wegen Diebstahl gesuchten Mannes aus Mali zusammengeführt worden. Dieser Version hat eine vom Untersuchungsausschuss des Landtages beauftragte Gutachterin nun widersprochen. Die Zusammenfügung der Datensätze sei erst drei Tage nach der Festnahme des jungen Mannes erfolgt. Demnach habe es am Tag seiner Festnahme nichts gegeben, was ein "Versehen" und eine "Verwechslung" hätte erklären können. Sie schloss eine Manipulation nicht aus. Schon früher waren Zweifel am Vorgehen der Polizei laut geworden. So erklärte der SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass ein Häftling so lange fälschlich im Gefängnis festgehalten wurde ohne sich darüber zu beschweren. Ein einfacher Abgleich mit dem Foto des Gesuchten, der eine wesentlich dunklere Hautfarbe hat, hätte die Verwechslung klären können.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat Amed A. den Brand in seiner Zelle selbst gelegt um Selbstmord zu begehen. Zumindest den Ablauf des Brandes wie ihn die Staatsanwaltschaft beschreibt, hielt ein Experte gegenüber der Sendung Monitor im Dezember 2018 für unmöglich. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat Amed A. erst nach 15 Minuten Alarm ausgelöst und das Fenster geöffnet. Nach Auffassung des Experten wäre ein Mensch nach 15 Minuten Brand in einer geschlossenen Zelle nichtmehr dazu in der Lage, etwas zu unternehmen. Es gab auch den Verdacht, dass Hinweise auf eine Selbstmordgefährdung aus der Krankenakte von Amed A. entfernt wurden. Die Staatsanwaltschaft hat die ERmittlungen im November 2019 eingestellt. Niemand wurde bestraft. Die Angehörigen von Amed A. haben gegen die Einstellung protestiert.

Anmerkung zum Namen: Obwohl Amed A. kein Beschuldigter ist, wird sein Nachname normalerweise verschwiegen. Da die Aussprache von kurzem a und e im Arabischen schwanken kann, wird der Vorname als Amad und als Amed zitiert, was die Verfolgung seines Falles in verschiedenen Quellen weiter erschwert.

jk

Update 8. Juni 20: Ein Mitarbeiter einer IT-Firma hat der Gutachterin mittlerweile widersprochen. Demnach könnte sie ein automatisches Update mit einer Eintragung per Hand verwechselt haben. Die Sache scheint nach wie vor nicht ganz geklärt. Dafür hat eine Staatsanwältin* aus Braunschweig angegeben, sie habe drei Wochen nach Amed A.s Inhaftierung die Polizei in Kleve informiert, dass eine Verwechslung vorliege. Sie habe sogar extra einen Polizisten angerufen, dessen Namen sie nennt und der auch bereits vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages ausgesagt hat ohne den Anruf zu erwähnen.

* versehentlich wurde beim Update zunächst "Anwältin" statt "Staatsanwältin" geschrieben.