Am vergangenen Freitag hat die Bundestagsfraktion der AfD eine Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes in den Bundestag eingebracht: In den Aufsichtsgremien der Deutschen Welle sollen nicht mehr so viele staatsnahe und staatliche Mitglieder sitzen, heißt es in dem Gesetzesentwurf. Statt 7 von 17 Mitgliedern sollen künftig 5 von 15 von Bundestag und Bundesrat in den Rundfunkrat entsandt werden, die Repräsentat*innen der Bundesregierung fallen demnach weg.
Man wolle, heißt es in einem Statement der Fraktion gegenüber Radio Dreyeckland, die Gremien der Deutschen Welle künftig „staatsferner und demokratischer“ besetzen, denn sie seien „viel zu stark politischer Einflussnahme ausgesetzt“, berichteten „tendenziös und nicht selten einseitig indoktrinär“ und verbreiteten „Regierungspropaganda“.
Jenseits der Rhetorik vielleicht keine schlechte Sache, könnte man im ersten Moment denken: Weniger politischer Einfluss auf Medien. Ok, für die Programme und Inhalte sind die Aufsichtsgremien nicht zuständig, aber hey, so grundsätzlich kann man das schon einmal fordern. Und zu Recht wird immer wieder die Zusammensetzung und Funktion der Gremien von ARD und ZDF diskutiert.
Dann fällt einem beim Lesen des Entwurfs auf, dass hier zwar viel mit Unabhängigkeit und Verfassung argumentiert wird, wahrscheinlich aber vor allem je ein Platz für einen AfD-Vertreter im Rundfunk- und Verwaltungsrat rausspringen würde. Auch in der Bundestagsdebatte am Freitag wurde schnell deutlich, dass es dem AfD-Abgeordneten Thomas Ehrhorn und seiner Fraktion wohl weniger um unabhängige Medien geht
Die Themenferne Ehrhorns zeigt zu deutlich, um was es tatsächlich geht. Es geht in den darauf folgenden Minuten weiter mit der gleichen aufgeplusteter Aufregung über angeblich sexualisierende Inhalte beim KIKA, über die armen deutschen Mädchen, denen vermeintlich Beziehungen mit Ausländern schmackhaft gemacht werden sollen. Inhaltlich hat Ehrhorn zur Deutschen Welle, ihrer Struktur, Wirkung oder Finanzierung wenig zu sagen. Das verwundert nicht, denn, so heißt es weiter in dem Statement der AfD gegenüber RDL: „Unser Antrag soll hier der Einstieg sein, dem staatlichen Missbrauch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland entgegenzutreten.“ Um den Auslandssender geht es also im Grunde nicht, interessant an ihm ist allenfalls, dass in diesem Fall, anders als bei den Öffentlich-Rechtlichen, Medienpolitik auf Bundesebene gemacht wird. Hier kann die Bundestagsfraktion direkt Gesetzesänderungen anstoßen und muss nicht den mühsameren Weg durch die einzelnen Länderparlamente gehen.
Das passt fraglos zu dem, was die AfD unter dem Stichwort „Medien“ in ihrem Wahlprogramm aufführt und wie sie selbst Medienpolitik versteht: ARD, ZDF und überhaupt alle über Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Angebote sollen in ein Abo-Format umgewandelt werden, sehen und hören kann dann nur, wer wie bei Netflix dafür bezahlen will. Die Redakteur*innen des Medienmagazins ZAPP haben bereits 2016 gezeigt, dass dahinter viel populistische Medienkritik steht und bei Nachfrage relativ wenig Substanz. In der ihr eigenen kruden Mischung aus Autoritarismus und Marktradikalität fordern Parteivertreter*innen immer wieder eine Abschaffung der Lügenpresse kombiniert mit einem auf reinen Wettbewerb ausgerichteten Medienmarkt und die so nicht existierende totale Neutralität von Medienschaffenden. Überspitzt gesagt: Ja keine die Klickzahlen störenden kritischen Inhalte.
Ein Kommentar von Pia Masurczak
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