Blätter im Pool: Nora oder Ein Puppenheim

Nora oder Ein Puppenheim

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Lisa-Lena Tritscher als Torvald Helmer
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Keine (all rights reserved)
Quelle: 
www.immoralisten.de

Ja, bei Ibsen geht es selbstsüchtig zu – Männer unterdrücken ihre Gattinnen, Frauen sind selbst skrupellose Wesen. Auch Nora, die Titelheldin aus dem gleichnamigen Stück von Henrik Ibsen (1828 – 1906), handelt oberflächlich und ichbezogen.

Bis zu ihrer Emanzipation aus dem Unterdrückungssystem Ehe am Ende, läßt sich Nora von Ehegatten Helmer wie ein unmündiges Kind behandeln. Warum? Sie hat für sich eine Nische gefunden, in welcher sie sich nützlich fühlt – das Wissen, daß sie selbst das Geld besorgt hat, um ihrem Mann Helmer einen Kuraufenthalt in Italien zu ermöglichen, der diesem das Leben gerettet hat. Dieses Geheimnis ist Noras 'ganzer Stolz'. Sie erträgt die Unterdrückung, weil sie weiß, daß sie insgeheim die Stärkere ist. Die Schwache spielt sie mit Freude, weil sie weiß, daß Helmer sich dadurch männlicher und kontrollierender fühlt. Dahinter allerdings lauert der Abgrund. Die Freunde der Protagonist_innen, Doktor Rank und Frau Linde, sind lediglich Publikum für das 'sonnenhelle Glück' der Helmers.

Ibsen ist ein Meister in der Schilderung von sado-masochistischen Beziehungen. Die bürgerliche Ehe ist mehr Qual als Lust – im besten Fall Arrangement, im schlimmsten Fall die Hölle auf Erden.

Die originelle, frische und zeitgenössische Inszenierung des verstaubten Stücks – die Handlung wurde vom weihnachtlichen, verschneiten Norwegen des Jahres 1879 ins sonnige Kalifornien des 21. Jahrhunderts verlegt – verdanken wir Regisseur Manuel Kreitmeier und den beiden großartigen Hauptdarsteller_innen Jochen Kruß als Nora und Lisa-Lena Tritscher als Helmer.

Das Stück läuft Open Air bis September auf dem Gewerbehof in der Ferdinand-Weiß-Straße 9-11 im Theater der Immoralisten.

Wir hören mal rein.