RDL zu MedienG Novelle 1999

RDL zu MedienG Novelle 1999

 

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Staatsministerium Baden Württemberg

Richard-Wagner-Str.15

 

70184 STUTTGART

 

 

                                                                                                                                                            Freiburg, 15.3.99

 

 

Btr: Novellierung des Landesmediengesetzes – AZ: I 3434.10

 

 

Sehr geehrter Herr Staatsminster Dr. Palmer,

 

 

in der Anlage übersende ich eine Kurzstellungnahme von Radio Dreyeckland zur geplanten Novellierung des Landesmediengesetzes.

 

Wir verweisen zu gleich vollinhaltlich auf die konkreten Änderungsvorschläge des Landesverbandes nichtkommerzieller Rundfunkveranstalter – AFF e.V..

 

Zusammenfassend möchte ich festhalten, daß nach Ansicht von RADIO DREYECKLAND die Novelle trotz einiger Fortschritte in der Vereinfachung und Anpassung an die geänderten technischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen zwar  neben durchaus zukunftsoffene  und – moderne Ansätzen zumindet in drei Bereichen problematische Lösungen befördert:

 

·        Im Bereich der Vielfaltssicherung – defacto Möglichkeit der Konzentration des gesamten privaten Hörfunks in einer Trägerschaft – ist die Novelle schwerlich mit dem verfassungsrechtlich gebotenen und möglichen vereinbar;

·        Die im Parlament wohl mehrheitlich politisch gewünschte Implementation eines landesweiten privaten Zielgruppenprogrammen greift wegen des fehlenden gesetzlichen Bestandschutzes für nichtkommerzielle Programmveranstaltungen in nicht verfassungskonformer Art und Weise in die Rundfreiheit dieses Bestandteiles  der baden-württembergischen Privatfunklandschaft ein. Dies betrifft Radio Dreyeckland im besonderen Maße;

·        Die gesetzlichen Verwendungszwecke des zusätzlichen Anteils an der Rundfunkgebühr lassen – trotz der sonstigen gesetzlichen Ausrichtung an fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Veranstaltern – keine praktische gesetzliche Umsetzung an fairen publizistischen Wettbewerbsbedingungen erkennen. Dies betrifft sowohl das allgemeine Verhältnis wie insbesondere im Verhältnis zu den privaten nichtkommerziellen Veranstaltern.

 

Wir würden es sehr begrüßen, wenn in diesen Zusammenhängen der Gesetzentwurf schon vor dem parlamentarischen Verfahren korrigiert würde.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

K.-Michael Menzel

 

Anlage




Kurz-Stellungnahme für RADIO DREYECKLAND zu einzelnen Komplexen des Referentenentwurfes.

 

I.                   Vielfaltssicherung

 

Mit  der Abschaffung des  Verbotes mehrfacher Programmträgerschaft, daß zumindest im Hörfunk gerade keine zwangsläufige oder gar offensichtliche Folge des Rundfunkstaatsvertrages ist, wird die Konzentration der privaten Rundfunklandschaft Baden-Württembergs in einer Trägerschaft immer wahrscheinlicher.

Jedenfalls werden keine hinreichenden gesetzlichen Sicherungen im Interesse der Meinungsvielfalt getroffen:

Auch die Einführung einer gesetzlichen Vermutung von vorherrschenden Meinungsmacht in § 24 Abs.2 n.F stellt keine hinreichende verfassungskonforme Sicherung dar:

 

·         Die erste gesetzliche Variante läuft angesichts der Anrechnung der öffentlich-rechtlichen Programme (Satz2)  schon faktisch leer;

·         Nur auf der Ebene der lokalen bzw. künftig subregionalen  Verbreitung  (Satz 3) wird wenn überhaupt, die gesetzliche Vermutung und auch nur im Verhältnis zu dominierenden Verlagen i.S. einer Vorkehrung gegen mulitmediale Meinungsmacht in Frage kommen.

 

Um diesem Vielfaltsdefizit wirkungsvoll zu begegnen, sollte nach Ansicht von RADIO DREYECKLAND in Anknüpfung an die positivrechtliche Normierung in § 23 Abs. 2 Nr.2 in § 27 ein gesetzlicher Vorrang für nichtkommerzielle Fensterveranstalter, die im besonderen Maße der Zielsetzung nach § 23 Abs.2 Nr.2 gewährleisten vorgeschrieben werden.

 

Da in der Praxis Veranstalter mit gesetzlich vermuteter vorherrschender multimedialer Meinungsmacht ohnehin von der Möglichkeit nach § 28 – Programmbeirat – in der Regel Gebrauch machen werden, ist zu dem die gesetzliche Auferlegung der Einräumung von mindestens 5 Stunden wöchentlich für eigengestaltete Sendungen gesellschaftlicher Kräfte nach vom Programmbeirat auszuarbeitenden Richtlinien vorzusehen.

 

Gerade unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlich gebotenen Vorkehrung gegen vorherrschende Meinungsmacht ist die Liberalisierung des Zulassungserfordernis in § 12 Abs. 4 – Zeitraumverkürzung auf 3 Jahre bei Beibehaltung der Eingriffsschwelle von 50 von Hundert – keine verfassungskonforme Regelung, sondern befördert die Konzentration in einer Programmträgerschaft ohne medienrechtliche Eingriffsmöglichkeit.

 

Deshalb ist die Eingriffsschwelle auf die anerkannten medienrechtlichen Grenzen von 30 bzw. 25 von Hundert abzusenken und zugleich „seit der Zulassung“ ersatzlos zu streichen. 

 

 

 

II.                Bestands- und Entwicklungschutz für private nichtkommerzielle Programmveranstaltungen bei Einführung eines privaten landesweiten Zielgruppenprogrammes.

 

 

Nach gegenwärtiger Rechtslage ist die LfK bei Ausweisung von Übertragungseinrichtungen gehalten, zu prüfen ob freiwerdende Kapazitäten nicht vorrangig für nichtkommerzielle Programmveranstltungen auszuschreiben sind. (§§ 27 Abs.2 i.V.m. 7 LMG).

In der Vergangenheit hat die Landesanstalt – zwar nicht im von uns befürworteten Umfang -  an acht Standorten im Lande von dieser im Interesse der Meinungsvielfalt gesetzlich gewünschten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Diese nichtkommerziellen Programmveranstaltungen sind damit Teil der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkordnung im Lande geworden. Im Mindestumfang genießen sie verfassungsrechtlichen Bestandsschutz.

 

Die Gründe, die im Jahre 1991 den Gesetzgeber zu dieser Gesetzgebung und der sich jetzt darstellenden Sach- wie Rechtslage veranlaßten, bestehen – auch durch den Referentenentwurf nicht bestritten – nach wie vor fort:

a)       die problematische wirtschaftliche Lage der privatkommerziellen Veranstalter, inbesondere im lokalen, subregionalen Bereich (vgl. auch Begründung S.2, 2.Absatz);

b)       die insbesondere durch nichtkommerzielle Veranstalter zu gewährleistende Vielfaltsdimension aus § 23 Abs.2 Nr.2.

 

Die in Folge der Fusion von SWF und SDR technisch möglich Implemation einer dritten bzw. vierten  privaten Hörfunkebene erfolgt in der Fassung des Referentenentwurfes in einer medienpolitisch aber bezüglich der nichtkommerziellen Programmveranstaltungen auch verfassungsrechtlich problematischen bzw. unkonformen Art und Weise.

 

Zur medienpolitischen und –ökonomischen Lage der privatkommerziellen Lokalveranstalter werden diese schon selbst Stellung nehmen.

 

Inakzeptabel ist jedoch, daß der Referentenentwurf, obwohl es sich bei dem landesweiten Programm erkennbar nur um ein Zielgruppenprogramm für eine Altersklasse handelt, eine im Umfang völlig unverhältnismäßig gesetzliche Privilegierung auf der Ebene der Planung  (§ 18 Abs.2, Nr.3+4), der Ausweisung und Rangfolge §§ 20I,21I) ohne zugleich einen wirksamen Bestandsschutz für die existierenden nichtkommerziellen Programmveranstaltungen zu besorgen.

Im Gegenteil: Trotz Existenz an acht Standorten wird nach § 20 Abs.2   Satz 2 es in das ungebundene Ermessen der LfK gestellt, ob überhaupt die Übertragungseinrichtungen für nichtkommerzielle Veranstalter in den must carry Bereich aufgenommen werden.

 

Der Änderungsvorschlag der AFF e.V. ist u.E. verfassungsrechtlich zwingend geboten um die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit nichtkommerzieller Veranstalter i.S. des Bestandsschutzes sicher zu stellen.

 

Es kann im übrigen auch nicht die Rede davon sein, daß die gesetzliche Neufassung nichtkommerzielle Veranstalter erst bei Ablauf ihrer Zulassungen betrifft.

 

Radio Dreyeckland z.B. kann selbst in seinem Kernverbreitungsgebiet (Freiburg und Umgebung), die dort lebende Bevölkerung nur zu unter 80 von Hundert technisch versorgen. Beantragte technische Verbesserungen würden unmittelbar an den intendierten Planungsvorgaben im Zusammenhang mit der Rangfolge Regelung scheitern.

Darüberhinaus ist insbesondere im alten SWF Gebiet im Grenzgebiet zu Schweiz und Frankreich im übrigen durch die Ergebnisse der Genfer Wellen Plan Konferenz aus dem Jahre 1984 im Mengengerüst, wie in der Leistungsstärke ohnehin mit beträchtlichen Restriktionen verbunden.

 

Auch wenn wir mündlich sowohl aus der LfK wie den politischen Raum die Zusicherung erhielten, daß an eine Abschaffung der existierenden nichtkommerziellen Veranstaltungen nicht gedacht sei, ist im Interesse einer auch verfassungskonformen Rechts- und Planungssicherheit der vorliegende Entwurf i.S. der Vorschläge der AFF e.V. sicherlich dringend überarbeitungsbedürftig.

 

 

 

III.             Zusätzlicher Anteil an der Rundfunkgebühr – Fairer Ausgleich im publizistischen Wettbewerb

 

 

Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir auf unser Schreiben vom Dezember, daß bedauerlicherweise nicht im Referentenentwurf  Berücksichtigung fand.

 

Trotz statt gefundener Aufnahme des kritischen Dialoges zeichnet sich jedoch weiterhin ab, daß ein fairer publizistischer Wettbewerb bei Beibehaltung der Kappungsgrenze und ungebundener Ermessenseinräumung für die Gremien der LfK auch künftig nicht gegeben sein wird.

 

Nach wie vor sollen die technischen Infrastrukturföderungsleistungen bei nichtkommerziellen Veranstaltern auf die Kappungsgrenze angerechnet werden.

 

Der Hintergrund ist selbstverständlich die knapper werdenden Resourcen bei intendierten Simulcastbetrieb DAB/UKW.

 

Sachlich spricht im übrigen nicht gegen eine Erhöhung auf 15 von Hundert!

 

Tatsache ist jedenfalls, daß die in 1999 zum Ansatz kommende Veranstaltungsförderung bezogen auf den Mindestumfang von 5 Wochenstunden Sendezeit für fachlich angeleitete Sendebeiträge gesellschaftlicher Kräfte gerade einmal DM 6,-/pro Sendeminute erreichen kann, obwohl ihre 95-% Förderfähigkeit von der LfK selbst angestrebt ist (plus zusätzlich 10% Sachkostenpauschale).

Im Schnitte der 138 privaten Lokalveranstalter in der BRD wurden die Eigenproduktionskosten je Sendeminute schon 1996 mit DM 12,35 angegeben. (Wobei im Verhältnis zum Aufwand der Betreuungsintensität im nichtkommerziellen Bereich höhere Kosten entstehen).

 

Ganz zu schweigen von den durchschnittlichen Eigenproduktionskosten je Sendeminute der ARD Hörfunksender: Im Durchschnitt DM 88,-, im Wortbereich DM 161,-, billigstes Wortprogramm Ausländerprogramm mit DM 40,-/Minute.

 

Sachlich ist also eine Erhöhung im Interesse der Wirtschaftlichkeit und angesichts des Grundsatzes der Verfassungsordnung, daß private Rundfunkveranstalter nicht Bedingungen ausgesetzt werden dürfen, die ihre Tätigkeit wesentlich erschweren bzw. verunmöglichen, mehr als dringlich geboten.

 

Auch i.S. eines fairen Ausgleiches zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern – der im sonstigen Gesetzentwurf auch maßgebendes Motiv ist - ist die Wiederaufnahme des doppelten Vorwegabzuges von der zusätzlichen Rundfunkgebühr zumindest in § 47 Abs.3 nicht ansatzweise nachvollziehbar.

 

Die dort zu Gunsten des SWR gesetzlich aufgeführten Tatbestände – verstärktes Programmangebot zu Darbietungen im Lande; Forschungsaufgaben sowie Filmkooperation - gehören samt und sonders zu den Grundversorgungsaufgaben des fusionierten SWR und sind im Rahmen der Rundfunkgebühr sicher zu

Stellen.

 

Vom Volumen her sind sie angesichts eines SWR Haushaltes von 1,9 Mrd. DM auch vernachläßigbar.

 

Sie fehlen aber der LfK bei den von ihr zu besorgenden Förderungsaufgaben (DAB, hier hat der SWR so gar einen bestimmten Anteil an der letzten RF-gebührenerhöhung zugewiesen) insbesondere aber auch bei den Aufgaben zu Vielfaltsverbesserung bzw. -sicherung.

 

Im Interesse der gebotenen Abwägung halten wir es deshalb für überfällig und dringlich angezeigt, entweder

§ 47 Abs.3 in Gänze zu streichen oder so zu reduzieren, daß zumindest die Aufgaben nach Abs.1 angemessen finanzierbar sind.

 

 

 

IV. Sonstiges

 

·         Zumindest die Beibehaltung eines schriftlichen Anhörungsverfahrens im Zusammenhang mit Planung und Ausweisung von Übertragungseinrichtungen sowie eine verstärkte gesetzlich Informationspflicht der LfK gegenüber den Veranstaltern (§33 Abs.3) nicht nur in diesem Zusammenhang würden wir im Gegensatz zum Referentenentwurf begrüßen.

·         Nach Anbindung an das pflichtgemäße Ermessen in § 32 Abs.1 und einer abgestufteren Eingriffsmöglichkeit in § 32 Abs.2 vermag die in § 33 Abs.1 Nr.1 wieder uneingeschränkte Widerrufsmöglichkeit nicht zu überzeugen.

·         Zumindest in der Begründung zu § 13 Abs.3. Nr.7 sollte klargestellt werden, daß dies sich nicht auf den Eigenbetrieb von Anlagen, die zur Realisierung der Zulassung nach § 12 Abs.1 erforderlich sind erstreckt, damit auch in dieser Hinsicht fairer Wettbewerb im Verhältnis zum SWR möglich ist.

·         In § 31 sollte analog zu anderen landesgesetzlichen Bestimmungen der Ersatz der Selbstkosten vorgesehen werden, sowie der LfK i.S. des Mindesteingriffs, die Ausschöpfung ihrer technischen Mittel angezeigt werden.