Renate Buchen(SPD) zum DHH 2009/2010 - (GR 16-12-2009)

Renate Buchen(SPD) zum DHH 2009/2010 - (GR 16-12-2009)

SPD-Fraktion im Gemeinderat
Stadt Freiburg i. Br.
„Zukunft gestalten - Vielfalt sichern -
Ausgrenzung verhindern“
Rede
der Fraktionsvorsitzenden
der SPD im Gemeinderat der Stadt Freiburg i.Br.
Renate Buchen
zur Haushaltssatzung mit Haushaltsplan
für die Jahre 2009/2010
am 16.12.2008
-Es gilt das gesprochene Wort2
"Zukunft gestalten - Vielfalt sichern - Ausgrenzung verhindern"
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Stuchlik,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen
sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Oberbürgermeister und Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen, wissen Sie noch
wie Sie in ihren Stellungnahmen in den vergangenen Jahren fast nur vom Geld, von den
Finanzen gesprochen haben? Wir als SPD haben Ihnen immer die Auswirkungen ihrer
Sparpolitik auf die Menschen vorgehalten. Ich finde es gut, dass heute die Menschen wieder im
Vordergrund stehen, so habe ich es jedenfalls auch bei den Reden meiner Vorgänger
herausgehört.
Wir verabschieden heute einen Haushalt, der für die Stadt Freiburg als historisch anzusehen ist:
Im Vergleich zum Rechnungsergebnis des Haushaltjahres 2005 beschließen wir heute für das
Haushaltsjahr 2009 einen um 154 Millionen angestiegenen Verwaltungshaushalt.
Beim Vermögenshaushalt stiegen die Summen von rund 104 Millionen Euro auf runde 113
Millionen an.
Der Schuldenstand lag 2005 bei 320 Millionen Euro, 2006 bei 336 Millionen Euro, wir werden
dieses Jahr mit knapp unter 300 Millionen Euro beenden.
In der Badischen Zeitung stand zu diesem Thema letzten Freitag ein kleiner Artikel über die
Diskussion des Finanzberichtes im Gemeinderat und die unterschiedlichen Sichtweisen der
Fraktionen. Wo wir uns sicher alle einig sind: Hohe Steuereinnahmen durch eine gute Konjunktur
und Haushaltskonsolidierung als Daueraufgabe des Gemeinderates sind die Eckpfeiler des
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letzten Doppelhaushaltes und des jetzt zu beschließenden Doppelhaushalts, jedenfalls gilt das
sicher trotz Finanzkrise noch für das Jahr 2009.
Historisch ist vor allen Dingen an diesem Haushalt, dass wir seit zwei Jahren genügend
Spielräume für die zügige Sanierung der Schulen und der Verkehrsinfrastruktur haben und
trotzdem jährlich 20 Millionen Euro Schulden tilgen können.
Die SPD-Fraktion trägt das Prinzip mit, in guten Zeiten möglichst viele Schulden abzubauen.
Wenn dieses Prinzip allerdings zum Selbstzweck werden sollte, zu Lasten von Leistungen für
Bürgerinnen und Bürger, werden wir auch weiterhin unsere Stimme erheben.
"Zukunft gestalten - Vielfalt sichern - Ausgrenzung verhindern"
Die SPD-Fraktion sieht nach den Schwarz-Grünen Streichrunden des letzten Doppelhaushaltes
die Schwerpunkte in den Bereichen Kinder, Jugend und Kultur als bildendes Element.
Zu unseren Anträgen, von denen ich aus Zeitgründen nur einige nenne: Schon die Zahlen im
noch laufenden Haushalt zeigen, dass die 10%-Kürzungen vor allem im sozialen und kulturellen
Bereich leicht hätten zurückgenommen werden können, ohne auch nur ein Jota am
Konsolidierungskurs zu verändern. Wir haben uns dieses Mal nicht auf alle im Doppelhaushalt
07/08 beschlossenen Kürzungen konzentriert, um diese wieder rückgängig zu machen, die
Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der CDU hatten genügend Gelegenheiten in den
letzten 18 Monaten. Wir haben dort Anträge gestellt, wo wir in den nächsten beiden Jahren einen
besonderen Handlungsbedarf sehen, ich nenne hier einige exemplarisch.
Zukunft gestalten:
• Die Förderung der Kinder- und Jugendarbeit im Rieselfeld war eines unser
Hauptanliegen, wir sind froh, dass fraktionsübergreifend die Unterstützung von K.I.O.S.K.
im Rieselfeld eine Mehrheit bekommen hat, und Sie werden sich nun wundern, aber ich
tue es trotzdem: Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen!
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• Wir unterstützen das Bündnis für Familien in Freiburg mit einer ersten Förderung, um
eine professionelle Arbeit zu ermöglichen. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung
zwischen CDU und SPD ist vereinbart: "Wir wollen dazu beitragen, dass Frauen und
Männer ihre Lebensvorstellungen verwirklichen können. Die große Mehrheit will sowohl
beruflichen Erfolg, als auch Kinder haben. Politik hat den Menschen nicht vorzuschreiben,
wie sie leben sollen, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen, damit junge Menschen -
so wie sie es wollen - sich für Kinder und Familie entscheiden können."
Familienförderung hat sich inzwischen von der sozialen Frage zu einem harten
Standortfaktor für die Wirtschaft entwickelt. Die Wirtschaftskammern sehen dies schon
länger, jetzt auch endlich die FWTM . Wir erwarten von der Wirtschaftsförderung, dass
dieser Standortfaktor für Freiburg nicht wieder aus den Augen verloren wird!
• Die SPD-Fraktion hat auch im Bereich des Sports Anträge gestellt, und wir bitten auch
heute nochmals um Unterstützung für eine höhere Förderung der Vereine im
Jugendbereich, und –auch das ist Sport- für eine Planungsrate für eine Turnhalle beim
Schulzentrum Bissierstrasse. Über das Westbad haben wir letzte Woche entschieden:
Die europaweite Ausschreibung des Betriebs wurde abgelehnt. Dies hat auch zur Folge,
dass ein privater Betreiber für ein Freibecken beim Westbad nun ausscheidet. Ganz
abgesehen davon, dass nach den Ausführungen des Sportbürgermeisters sich wohl
kaum einer gefunden hätte. Deshalb wird es mittelfristig Aufgabe der Stadt Freiburg sein,
für ein Freibad im Westen zu sorgen. Wir werden daher beim Sport- und
Finanzbürgermeister eine Machbarkeitsprüfung beantragen, unter welchen finanziellen
Voraussetzungen welche Art von Freibecken beim Westbad möglich sein kann und in
welchem Zeitrahmen. Wir denken, dass eine Planungsrate zum nächsten Doppelhaushalt
möglich sein muss.
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Vielfalt sichern
• Wir haben für die heutige Abstimmung den Antrag für einen „Zukunftsfonds“ gestellt: Im
Sozial-, Kultur- und Bildungsbereich, im Sportbereich, für Stadtteilprojekte, möchten wir
einen „Projekte -Topf“ schaffen, aus dem für die verschiedenen Bereiche Unterstützung
gewährt werden kann. – Das kann zum Beispiel ein Theaterprojekt an einer Schule sein,
wo Mittel fehlen, um ein Bühnenbild zu gestalten. Das kann z. B. im Bereich unserer
ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger für ein interkulturelles Fest die Übernahme
der Raummiete sein, die Beispiele lassen sich fortsetzen. Wir wollen mit diesem
Innovationsfonds kein neues institutionelles Zuschussfass aufmachen, denn dieser
Fonds soll sich an der Höhe der Tilgungs- bzw. der Investitionen in Höhe von 1%
orientieren. Wird wenig oder nicht getilgt oder investiert, ist auch wenig oder nichts in
diesem Fonds.
Weitere Anträge der SPD-Fraktion:
• In der Jugendförderung wollen wir die Absicherung der Mädchen- und Frauenprojekte in
der Baslerstr. 8, vom Frauen- und Mädchen-Gesundheitszentrum bis Wildwasser
• Ich nenne aber auch die Kürzung von 6.800 Euro bei der Spieloffensive Weingarten. Die
Spieloffensive war erst vor wenigen Jahren als Bestandteil der „sozialen Sanierung“ (ein
hässliches Wort) in die städtische Förderung aufgenommen worden. Wir bitten Sie heute
noch einmal um Unterstützung!
• Beim Thema Vielfalt nenne ich aber auch den Zuschuss für den Verein Wahlkreis 100 %
e.V., bei dem nun die Durchführung einer Wahl für Nicht-EU-Ausländer gesichert sein
sollte.
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Ausgrenzung verhindern
• Ein weiterer Bereich steht exemplarisch für die Widersprüchlichkeit der 10%-Kürzungen.
Es geht um die Verwaltungs-Personalstellen im Haus der Begegnung in Landwasser und
im Kinder- und Jugendtreff Haslach. Aus beiden Einrichtungen kamen an alle Fraktionen
Protestbriefe, es gab etliche Versammlungen, Gespräche und Presseartikel. Und hier
muss ich die Vertreterin der CDU und den Vertreter der Grünen vor allem im Vorstand
vom Haus der Begegnung ansprechen: Wo waren Sie eigentlich bei der ganzen Debatte?
Bekannt sind bedauernde Äußerungen der CDU in Landwasser, aber wo war die
Handlung, der Einsatz und das Eintreten für den Erhalt der Stellen? Im letzten Augenblick
ist der CDU ein Lichtlein aufgegangen: Dass diese Stellen doch wichtig sind und es Sinn
machen könnte, etwas zu tun. Wir haben natürlich dem Antrag auf Erhöhung des
Zuschusses für beide Einrichtungen zugestimmt, obwohl es eigentlich schon eine andere
Verabredung im Kinder- und Jugendhilfeausschuss gab. Wir freuen uns nun trotzdem.
• Die SPD will die Jugendsozialarbeit an Schulen schneller ausbauen, deshalb unser
Antrag auf Vorziehen der Ausbaustufe II an der Vigelius- Grundschule und der Adolf-
Reichwein-Grundschule.
• Angesichts der neuesten Zahlen der Agentur für Arbeit und dem hohen Sockel der SGB
II-Empfänger in Freiburg ist uns die Jugendberufshilfe ein besonderes Anliegen.
• Ordentliche Bezahlung auch in der Kultur! Auch in den kulturellen Einrichtungen sind die
Sachkosten gestiegen! Wir beantragen die Aufstockung von Zuschüssen aufgrund
gestiegener Energiekosten, die Förderung von Musik- und Gesangvereinen als Teil des
Kulturkonzeptes. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Anträge liegt bei der Weitergabe von
Tariferhöhungen, wie diese auch im Sozialbereich vorgenommen wurden. Es kann nicht
sein, dass bei Personalkostenzuschüssen der Stadt – wohlgemerkt im tarifgebundenen
Bereich – sich eine 2-Klassen-Gesellschaft bildet.
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Die SPD will den Zustand des ehrenamtlichen Aufsichtsdienstes im Museum für Neue
Kunst beenden, dort sind die Grenzen der Belastbarkeit erreicht.
Schon vor der Verabschiedung des Haushalts zeigt sich auch aus dem
Beteiligungshaushalt Handlungsbedarf mit noch nicht bekannten finanziellen Auswirkungen.
Die Verwaltung ist beauftragt, folgende Themen zu prüfen bzw. für diese Konzepte vorzulegen:
• Frühkindliche Hilfen/Frühe Förderung/Sprachförderung
• Bildungsgutscheine
• Einführung eines Sozialtickets für den ÖPNV
Am Schluss noch einige Worte zum Thema Haushaltskonsolidierung, Verwaltungsreform,
Gebäudesanierung und der Melodie, die zu diesem Thema seit einiger Zeit von der Mehrheit
dieses Hauses vorgespielt wird. Die Melodie hört sich fast so an, als wäre Freiburg seit 2002
auferstanden aus Ruinen...
Aber mal ganz sachlich:
• Gemäß den Darstellungen in den Haushaltsreden von Oberbürgermeister Salomon und
Erstem Bürgermeister Neideck vom 15.9. ist ersichtlich, dass die Stadt immer je nach
ihrer Finanzkraft vor allem Sanierungen an den Schulen als Schwerpunktprogramm in die
Haushalte gestellt hat. Und zwar aufgrund des politischen Willens des Gemeinderates.
Die Behauptung, man habe bewusst Schulsanierungen und Sanierungen der
Infrastruktur unterlassen, ist unwahr. Wir haben immer saniert, wir haben immer gebaut,
ja sogar ganze Stadtteile, die uns schließlich mehr Einwohner und
Grundsteuereinnahmen beschert haben! Und vergessen Sie bei der Bewertung der –
zugegebenermaßen berechtigten- stolzen Zahlen der jetzt stattfindenden
Schulsanierungen nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger dafür auch deutlich mehr
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Grundsteuer berappen müssen.
• Kommunale Aufgabe im Bereich der Wirtschaftsförderung ist es, die
Rahmenbedingungen für erfolgreiche Ansiedlungen zu schaffen. Das ist mehrheitlich
vom Gemeinderat auch immer so gesehen und danach gehandelt worden. Die sinkenden
Gewerbesteuereinnahmen im Blick frage ich, ob es ein unumstößliches Gesetz ist, dass
der größte Teil der Gewerbesteuereinnahmen aus der Medizin- und Gesundheitsbranche
kommt, oder ob es nicht auch andere Branchen gibt, für die Freiburg interessant sein
könnte? Freiburg liegt mit den Gewerbesteuereinnahmen pro Einwohner auf dem
drittletzten Platz in Baden-Württemberg, das muss doch auch Ihnen zu denken geben!
• Das Thema Green City ist offensichtlich doch eher eine touristische Angelegenheit, war
es doch in der Haushaltsrede von Bürgermeister Neideck als dem Chef der städtischen
Beteiligungen hauptsächlich der Anlass, um die Geschäftstätigkeit der ASF
herauszustellen und auf das Image von Freiburg als saubere Stadt hinzuweisen.
Seit Jahrzehnten befindet sich Freiburg auf dem richtigen Weg, es wurden weltweit anerkannte
Modell – Stadtteile geschaffen. Nachhaltige Stadtentwicklung, das ist das Thema, warum wir als
„Green City“ in der Welt Anerkennung finden und nicht wegen eines Masterplans oder einer seit
3 Jahren stattfindenden kontinuierlichen Entschuldung!
• Die Verwaltungsreform stößt inzwischen an ihre Grenzen: Der vom Oberbürgermeister
anvisierte Stellenabbau von 20 % lässt sich nicht verwirklichen, die Netto-
Stelleneinsparung von 259 Stellen ist weit davon entfernt. Ausgliederung ist keine
wirkliche Stelleneinsparung. Die SPD teilt auch nicht die Auffassung der Verwaltung, dass
Aufgabenkritik von den Ämtern geleistet werden müsste, denn nun geht es nicht mehr
darum, wie die Aufgaben erledigt werden, sondern es geht darum, ob die Aufgaben noch
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erledigt werden. Und es ist eine politische Frage, die die Verwaltungsspitze beantworten
muss.
Die SPD wird deshalb dem Stellenplan und der nochmaligen Einsparung von 3 + 3
Millionen Euro im Doppelhaushalt nicht zustimmen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir verabschieden heute den Doppelhaushalt 2009/2010, ein Haushalt mit fast unglaublichen
Zahlen, in einer Zeit, wo wir auch viel Unglaubliches über die nahe Zukunft zu hören bekommen.
Auf welchen Säulen der Haushalt zumindest im Jahr 2010 steht, können wir noch nicht
einschätzen.
Dieser Haushalt ist aber auf jeden Fall das Ergebnis einer insgesamt erfreulichen Entwicklung.
Obwohl wir den einen oder anderen dunklen Fleck auf der weißen Weste sehen, vor allem beim
Rückblick auf den letzten Doppelhaushalt, dem dieser zugrunde liegt - die Flecken machen
ungefähr eine Größe von 10 % aus- stimmt die SPD-Fraktion dem Haushalt zu.
Wir möchten an dieser Stelle noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung danken,
die diese rechtzeitige Verabschiedung des Haushalts möglich gemacht haben.
Ebenso den Vertretern der Medien, die das schwierige Buch Haushalt wieder einmal
preisverdächtig veranschaulicht haben.
Und nicht zuletzt den Bürgerinnen und Bürgern, die an den verschiedenen Formen des
Beteiligungshaushalts teilgenommen haben oder in sonstiger Weise Interesse am Thema
Haushalt gezeigt haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.