Frankreich: Richter, Anwältinnen, Menschenrechtsorganisationen und Datenschützer fordern Abschaffung einer neuen biometrischen Datenbank

Richter, Anwältinnen, Menschenrechtsorganisationen und Datenschützer fordern Abschaffung einer neuen biometrischen Datenbank

Die französische Liga für Menschenrechte, Datenschützerinnen sowie Gewerkschaften von Richterinnen und Anwälten fordern die Abschaffung einer zentralen Datenbank mit den biometrischen Daten aller Franzosen.

Die französische Regierung hatte am Allerheiligensonntag in den Herbstferien per Erlass eine bestehende Datenbank für Pässe auf biometrische Daten und auf Ausweise ausgeweitet. Die Datenbank soll nun die Identität, Anschrift, Fingerabdrücke und biometrische Fotos aller Inhaberinnen einer französischen Ausweises oder eines französischen Passes verknüpfen. Sie soll insbesondere verhindern, dass Menschen einen Ausweis oder einen Pass unter falscher Identität beantragen.

Formell kritisieren die zivilgesellschaftlichen Organisationen, dass die französische Regierung eine solche Datenbank über sensible persönliche Daten per Erlass einrichtet, also ohne Kontrolle durch das Parlament. Die französische Regierung habe sich in diesem Erlass sogar über die Kritik der französischen Datenschutzbehörde hinweggesetzt.

Inhaltlich kritisiert der Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen, dass diese riesige Datenbank ausarten könnte. Dies ergebe sich aus der Beobachtung von anderen Datenbanken besonders im polizeilichen Sektor. So würden der ursprüngliche Zweck und der Anwendungsbereich oft verändert, die Kontrolle werde allmählich geringer und weitere Institutionen hätten allmählich Zugang zur Datenbank. Selbst nach entsprechenden Urteilen der höchsten Gerichtshöfe würden die Datenbanken erst spät oder kaum korrigiert, wenn überhaupt. Bereits jetzt hätten die Polizei und die Geheimdienste Zugriff auf die riesige Datenbank.

Ausserdem weisen die zivilgesellschaftlichen Organisationen darauf hin, dass solch eine riesige zentrale Datenbank mit sensiblen Daten natürlich zu Diebstahlversuchen führen werde. In Israel, der Türkei und den Philippinen sei es bei ähnlichen Datenbanken zu Hackingversuchen gekommen.

Schliesslich erinnern die zivilgesellschaftlichen Organisationen daran, dass die staatliche Bekämpfung von Fälschung zwar legitim sei, dass aber eine solche Datenbank in Zukunft für freiheitsbedrohende Zwecke benutzt werden könne. Der Widerstand gegen autoritäre Regime hänge auch davon ab, inwiefern sich Individuen der staatlichen Kontrolle entziehen können, auch bei der Identität.

Laut einem Artikel der Tageszeitung "Le Monde" hätte die französische Regierung eine teurere Lösung für mehr Datenschutz wählen können. Die biometrischen Daten wären lediglich auf einen Chip im Ausweis gespeichert worden. So hätten die BürgerInnen selbst über die Nutzung dieser Daten entschieden. Und es hätte nicht das Risiko gegeben, dass auf einmal Millionen biometrische Daten gestohlen werden. Die französische Regierung habe sich jedoch für die billigere Lösung der zentralen Datenbank entschieden.