Türkei: Anzeigen wegen Beleidigung des Präsidenten immer beliebter

Türkei: Anzeigen wegen Beleidigung des Präsidenten immer beliebter

Nach einem Bericht der oppositionsnahen Zeitung Bir Gün hat die Staatsanwaltschaft seit dem Amtsantritt von Tayyip Erdogan vor viereinhalb Jahren rund 67 000 Untersuchungen wegen Beleidigung des Präsidenten eingeleitet. Anlass für den Bericht war ein besonders krasser Fall. Am 14. Januar zeigte ein aufrechter Vater seine eigene Tochter an. Sie habe im Oktober vergangenen Jahres eine E-Mail verschickt, in deren Anhang sich Material befand, das für den Präsidenten beleidigend gewesen sei. Drei Tage später antwortete die Studentin, indem sie ihrerseits ihren Vater wegen Beleidigung des Präsidenten anzeigte. Nach Angaben der Tochter ist der Vater ein Gegner der regierenden AKP. Das Verhältnis zwischen Vater und Tochter soll zerrüttet sein.

 

Der Strafrahmen beträgt zwischen einem und 4 Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe. Wenn die Beleidigung über die Medien erfolgte, wird die Strafe um ein Drittel erhöht. Auf Drängen der EU wurde in das Gesetz ein Zusatz eingebaut, wonach für ein formelles Verfahren die Zustimmung des Justizministeriums erforderlich ist. Das sollte einen Missbrauch als Zensurparagraph verhindern. In der Praxis wirkt die Genehmigung durch das Justizministerium aber als Hinweis der Regierung an die Justiz, wer zu verurteilen ist.