Gestern wurde der 69-jährige türkische Journalist Ahmet Altan aufgrund eines Einspruches des Generalstaatsanwaltes wieder inhaftiert. Erst am 4. August hatte ein Gericht Altan freigelassen. Zugleich wurde seine Strafe von verschärfter lebenslänglicher Haft, d. h. Haft ohne Begnadigungsmöglichkeit bis zum Tod in Gefängnismauern, auf 10 Jahre und 6 Monate reduziert. Von diesen hatte er über drei Jahre abgesessen. Altan wurde mit abenteuerlicher Begründung vorgeworfen, zusammen mit Nazli Ilicak im Fernsehen Anspielungen auf den bevorstehenden Militärputsch gemacht zu haben. Im Gefängnis schrieb Altan das Buch "Ich werde die Welt nie wiedersehen. Texte aus dem Gefängnis", das mit dem diesjährigen Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet wurde. Unter türkischen Oppositionellen ist Altan, um es vorsichtig zu sagen, umstrittene Gestalt. Er stand der Gülen-Sekte nahe und war Chefredakteur der Zeitung Taraf. Die Taraf hatte einen liberalen Anstrich, ließ sich aber wie keine andere Zeitung als Blatt für Denunziationen gegen wirklich oder potentielle Erdogan-Feinde missbrauchen. Hunderte kamen aufgrund von in der Taraf ausgebreiteten falschen Beweisen hinter Gitter. Journalistische Sorgfaltspflicht wurde völlig außer Acht gelassen, denn es gab ein anscheinend gutes Ziel, die Macht des Militärs zu brechen.

Nazli Ilicak wurde ebenso wie Altan zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Auch sie kam am 4. November frei und ihre Strafe wurde auf 8 Jahre und 6 Monate reduziert. Sie war Journalistin und zeitweise Abgeordnete im Parlament, wobei sie mutig gegen die Vorherrschaft der Generäle auftrat. Sie unterstützte Gülen und Erdogan aber nicht vorbehaltlos. Sie war auch regelmäßig im Fernsehen und daher sehr bekannt. Bisher wurde Nazli Ilicak nicht wieder inhaftiert.

Nach der Liste der türkischen Journalist*innen-Gewerkschaft TGS befinden sich derzeit 114 Journalisten und Journalistinnen in der Türkei im Gefängnis.

jk