Türkei vor der Wahl: regierungskritischen Fernsehsendern wird einfach der Stecker gezogen

Türkei vor der Wahl: regierungskritischen Fernsehsendern wird einfach der Stecker gezogen

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"Kein Signal" mehr von abgestelltem Sender
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Heute Nachmittag wurden die Sendungen der Fernsehsender Kanal Türk und Bugün unterbrochen. Ein vor kurzem für die Firmengruppe zu der die Sender und zwei Zeitungen gehören eingesetzter Treuhänder Ümit Önal hat die Unterbrechung der Sendungen befohlen. Zuvor schrieb er rasch auf einen Zettel, dass der Chefredakteur der beiden Kanäle, Tarik Toros entlassen sei. Demonstranten wurden vor den Sendestudios von der Polizei mit Schlagstöcken, Pfeffergas und Wasserwerfern vertrieben. Viele Personen, darunter etliche JournalistInnen wurden festgenommen. Darauf verschaffte sich Ümit Önal mit Polizei Zutritt zu den Studios und ließ die Polizei die Sendeantennen für die Satellitenübertragung vom Dach holen. Die Sender sollen nun das Programm von einem Sender übernehmen, der der Familie des Schwiegersohns des Präsidenten Tayyip Erdogan gehört. Der türkische Unternehmerverbund TÜSIAD kritisierte die Aktion gegen die Sender scharf.

Die Einsetzung eines Treuhänders steht im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Koza Holding, zu der als Untergruppe die Ipek Medya Grubu mit den Zeitungen Bugün und Millet, sowie den Fernsehsendern Bugün TV und Kanal Türk gehört. Die Untersuchung steht im Zusammenhang mit dem Verdacht, dass die Firmen dem pensionierten Prediger Fethullah Gülen zuarbeiten, der sich mit Tayyip Erdogan verstritten hat. Die Untersuchung trägt eindeutig einen politischen  Charakter.

Am Tag vor der Abschaltung der Sender hatte bereits der Abgeordnete Aydin Ünal der regierenden AKP angekündigt, nach der Wahl würden oppositionelle Zeitungen wie die Hürriyet und die Cumhuriyet zur Rechenschaft gezogen werden. Die Parlamentswahl findet am kommenden Sonntag, dem 1. November statt.

Indessen schafft es auch das staatliche Fernsehen TRT auf seinen Kanälen nicht so ganz mit der Ausgewogenheit. In den ersten 25 Tagen des Oktober waren dort Erdogan und die regierende AKP zusammen 59 Stunden zu sehen, die gesamte Opposition zusammen hingegen nur etwas über 6 Stunden, davon die prokurdische HDP gerade einmal 18 Minuten.

jk