Türkische Anwälte inhaftiert, weil sie die falschen Mandanten hatten

Türkische Anwälte inhaftiert, weil sie die falschen Mandanten hatten

Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, Ulrich Schellenberg beklagt Druck auf türkische Kolleginnen und Kollegen. Die Situation werde von Woche zu Woche schlechter. Manchmal würden Abgeklagte keinen Verteidiger mehr finden, weil die Anwälte schlicht Angst hätten. Der dpa sagte Schellenberg: "Anwälte werden in Mithaftung genommen für ihre Mandanten. Das ist eine perfide Logik zu sagen: Wer einen Angeklagten verteidigt, ist selbst auch schon böse."

Aktueller Anlass für die Äußerung Schellenbergs ist die Inhaftierung von 14 Anwälten in Ankara. Die Anwälte wollten die Literaturdozentin Nuriye Gülmen und den Grundschullehrer Semih Özäkca (ö-sak-tscha) verteidigen. Die beiden befinden sich in einem Hungerstreik für ihre Wiedereinstellung. Ihnen wird vorgeworfen, mit ihrem Hungerstreik eine terroristische Organisation unterstützen zu wollen. Bereits am 12. September wurden zwei Anwälte von ihnen festgenommen, ihre Büros durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Der für den 14. September angesetzte Verhandlungstermin wurde dann überraschend verschoben weil man Solidaritätskundgebungen für die Hungerstreikenden befürchtete, was ja wieder eine terroristische Provokation bedeuten würde. Anwälte, die sich in der Zwischenzeit für die Verteidigung gemeldet hatten, wurden nun nicht nur festgenommen, sondern kamen sogar in Untersuchungshaft. Den Inhaftierten wird vor allem die Vertretung gewisser Mandanten zur Last gelegt. Dazu gehört die Vertretung der Eltern eines Jungen, der am Rande der Gezi-Proteste auf dem Weg zum Bäcker von einem Polizisten mit einer Gaspatrone angeschossen wurde und dann nach Monaten im Koma starb. Eine verhaftete Anwältin sagte, sie sei bei der Polizei gefoltert worden. Einen Kollegen habe man nach der Gesundheitskontrolle mit der Kopf gegen die Wand geschlagen.