Ohne Vorankündigung stellten Bauarbeiter und Militärs des 516. Zugregiments in den Morgenstunden des 24. Oktober eine überlebensgroße Bronzestatue in Gedenken an den General Marcel Bigeard im ostfranzösischen Toul auf. Der hoch gradierte und lang krepierte Überseesoldat, der vielen spätestens seit dem „Indochinakrieg“ als Kriegsheld gilt, wird besonders für seine Verteidigung von massenweise Folterungen im „Algerienkrieg“ vor 60 Jahren kritisiert. So vertreten renommierte HistorikerInnen die Meinung, er sei nicht nur für die Umsetzung von Folter an ZivilistInnen und Aufständischen in dem bis 1962 von Frankreich besetzten Land Nordafrikas verantwortlich. Marcel Bigeard soll neben der weit verbreiteten „weiße Folter“ (etwa Waterboarding) und den Einsatz von Strom und Werkzeugen zur Peinigung der Gefangenen die nach ihm benannten „crevettes Bigeard“ erfunden haben. Entmenschlichend als „Krabben“ bezeichnete Kriegsgefangene wurden damals von Militärs gefesselt aus Flugzeugen und Hubschraubern ins Mittelmeer geworfen.
Eine Strafverfolgung gegen französische KriegsverbrecherInnen aus Zeiten des Kampfes gegen die algerische Unabhängigkeitsbewegung ist wegen einer Reihe von Amnestiegesetzen zwischen den Verträgen von Evian 1962 und dem Beginn der Mitterand-Ära 1982 kaum mehr möglich. Der in Toul geborene General wird von Teilen der Bevölkerung und einer von seiner Tochter geführten Gedenkvereinigung verehrt. Algerienveteran Daniel V. rechtfertigte am Fuße der neu errichteten Statue am Freitag die umstrittenen Methoden unter Bigeard. Für ihn sei es „an der Zeit, dass der Sohn der Stadt ein würdiges Gedenken erfährt“. Der Kaporal betont „es gibt keinen sauberen Krieg“ und dass die „Bestialitäten der Gegenseite (auch ihn haben) zur blutrünstigen Bestie werden lassen“. Auf die Frage der Beteiligung an Folter, die er ausführlich beschreibt, antwortete er unmissverständlich: „Ich habe gedient!“. Insgesamt mangele es an Autorität in der aktuellen Politik. Es sei an der Zeit „ein paar Schrauben anzuziehen“, so der Soldat im Ruhestand.
Über viele Jahre wurde die Bronzestatue von Bildhauer Boris Lejeune in einem Kasernengebäude in Écrouves verwahrt – immer wieder gab es Proteste auch über die Region hinaus. In 2018 hatte der Gemeinderat von Toul aufgrund massiver Enthaltungen für den Gedenkstein gestimmt. Dass diese feige Entscheidung jetzt ohne Ankündigung umgesetzt wurde, empört die GegnerInnen. Ein Zusammenschluss von KritikerInnen um die französische Menschenrechtsliga LDH protestierte am Folgetag gegen die Errichtung der Statue. Für Nouri, der umweit der Bigeard Skulptur lebt und dessen Vorfahren in den Achtziger Jahren aus Algerien nach Lothringen einwanderten, ist die Errichtung der Statue „eine Beleidigung an das Gedenken unserer Vorfahren“. Seine Mutter Louisa berichtet, dass ihr Ehemann im Kindesalter von den Truppen des Generals bei Constantine gefoltert wurde, als diese versuchten, den Aufenthaltsort seiner Brüder ausfindig zu machen. Auch wenn die Bürgerinitiativen den legalen Protest bevorzugen, äußerten mehrere DemonstrantInnen den klammheimlichen Wunsch „es solle doch etwas des Nachts passieren“. Auf der Spontanversammlung wurde zu weiteren Protestveranstaltungen gegen das „anachronistische Denkmal der Schande“ aufgerufen. LS