Die Vorsitzende der Union der türkischen Ärztinnen/Ärzte (TTB) Şebnem Korur Fincancı wurde am Mittwoch festgenommen und kurz darauf in einem Frauengefängnis in Sincan inhaftiert. Kurz zuvor hatten sie der Staatspräsident Tayyip Erdogan und der ultranationalistische Politiker Devlet Bahceli öffentlich angegriffen. Die TTB bezeichnete die Reden von Erdogan und Bahceli nach der Festnahme ihrer Vorsitzenden als "Lynchkampagne". Erdogan kündigte auch gesetzliche Maßnahmen gegen die TTB an ohne nähere Angaben zu machen. Die Staatsanwaltschaft will den Vorstand der TTB gerichtlich dazu zwingen, Şebnem Korur Fincancı abzusetzen und einen neuen Vorsitzenden oder Vorsitzende zu wählen. Fincancı hatte sich dafür ausgesprochen, dass Vorwürfe die türkische Armee habe im Kampf gegen Kurd*innen Giftgas eingesetzt untersucht werden. Ihr wird deshalb "Propaganda für eine Terrororganisation" und "Erniedrigung der türkischen Nation, des Staates der türkischen Republik, des Staates und seiner Organe" vorgeworfen. Der türkische Justizminister Bekir Bozdag will nicht nur die rechtlichen Grundlagen der TTB, sondern auch der Kammern, der Ingenieur*innen und Architekt*innen ändern. Alle diese Organisationen haben sich in der Vergangenheit kritisch zur Regierungspolitik, sei es bei den grob untertriebenen Zahlen bei der Pandemie, sei es beim Schutz am Arbeitsplatz oder anderen Themen geäußert.

jk