Diese Woche laufen die ersten drei Monate des Ausnahmezsutandes in der Türkei aus. Der Ausnahmezustand wurde nach dem blutigen Putschversuch am 15. Juli, bei dem 241 Menschen starben und über 2000 verletzt wurden verhängt. Er wird diese Woche durch Kabinettsbeschluss um weitere drei Monate verlängert werden.
Obwohl die Putschisten keinerlei erkennbare Unterstützung durch die Zivilgesellschaft hatten, wurde mit dem Ausnahmerecht massiv in die Gesellschaft eingegriffen. Ein Vergleich mit dem Ausnahmezustand in Frankreich, der von Befürwortern des Ausnahmezustandes oft gezogen wird, ist daher absurd.
Nach einer Bilanz der Zeitung Cumhuriyet (dschumhurijet) wurden 40 000 Menschen in Polizeigewahrsam genommen. 20 000 Menschen wurden inhaftiert. Geschlossen bzw. verboten wurden 35 private Gesundheitseinrichtungen, inklusive Kliniken, 934 private Schulen und ähnliche Einrichtungen, 109 Internate, 104 Stiftungen, 1125 Vereine, 15 Universitäten, 19 Gewerkschaften. Es wurden 93 000 Personen vom öffentlichen Dienst suspendiert und nahezu 60 000 entlassen. Über 28 000 Lehrerinnen und Lehrer wurden entlassen. In einer zweiten Welle wurden wegen angeblicher Beziehungen zur PKK 11000 Lehrerinnen und Lehrer suspendiert. Von ihnen waren nahezu 10000 Gewerkschaftsmitglieder.
An den Universitäten wurden 1577 Dekane zum Rücktritt gezwungen. Mit anderen Worten: alle. Gegen 5000 Personen des Personals wurden Untersuchungen eingeleitet. Bisher wurden über 2341 von ihnen entlassen. 3391 RichterInnen und Staatsanwälte wurden entlassen und dürfen nicht wieder eingestellt werden. Betroffen sind auch zwei Mitglieder des Verfassungsgerichtes und 161 Mitglieder des Rechnungshofes.
Mehr als 100 Journalistinnen und Journalisten wurde inhaftiert. 2500 JournalistInnen wurden arbeitslos. 775 Presseausweise wurden für ungültig erklärt. 45 Zeitungen, 15 Zeitschriften, 18 Fernsehkanäle, 23 Radiosender, 29 Verlage und 3 Nachrichtenagenturen wurden verboten.
Ständig gibt es neue Verbote, Entlassungen und Untersuchungen.