Demonstration in Dessau: 13. Todestag von Oury Jalloh

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13. Todestag von Oury Jalloh

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Noch nie gingen so viele auf die Straße, schreibt die taz. Am 7. Januar fanden 13 Jahre nach dem Tod von Oury Jalloh in dem Polizeirevier Dessau 2005 die alljährlichen Kundgebungen und Demonstrationen statt. Über 3000 Menschen gedachten dabei des in Polizeigewahrsam gestorbenen Afrikaners. Die Veranstalter*innen sprachen gar von mehr als 4000 Teilnehmer*innen. Der Fall wurde in den letzten Monaten erneut diskutiert, manche sprechen von einer "Wende". Die Initiative Gedenken an Oury Jalloh erstattete am 7. Dezember Anklage wegen des Mordes an Jalloh gegen den ehemaligen Polizeiobermeister Udo S.

Der Text vom Audio-Beitrag:

Im Vorfeld waren in einer Aktion die touristischen Hinweis-Schilder an der Autobahn A9 für Dessau umverziehrt worden. Für den Gedenktag stand neu „Oury-Jalloh-Stadt Dessau“ auf den Schildern in weißer Schrift auf braunem Grund , dazu ein Porträt des Asylbewerbers und eine Kerze.
Vor der Demo hatten die Organisator*innen die Teilnehmer*innen gewarnt, sich nicht während der Veranstaltung provozieren zu lassen: "Aufgrund der aktuell kritischen Wahrnehmung des Falles in der Öffentlichkeit sind Provokationen gegenüber unserer Demo vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen in Sachsen-Anhalt und speziell in Dessau zu erwarten." Und tatsächlich reagierten die Behörden zeitlich äußerst gereizt; Plakate wurden beschlagnahmt.
Auf Twitter entbrannte eine Diskussion über das hochladen von Demo-Fotos, auf denen die Teilnehmenden nicht verpixelt sind und das somit ungewollte Outen von Genoss*innen. Seit den G20 sei es nötig, die Aufmerksamkeit auf diese Problematik bei Demonstrationen zu lenken, so ein Kommentar.

Letztes Jahr hatte es brisante Entwicklungen gegeben. Es sind 13 Jahre vergangen, in denen die ungeklärten Fragen und »blinden Flecken« eher zahlreicher wurden, sagte ein Vertreter des Multikulturellen Zentrums bei der traditionellen Mahnwache am Sonntagmorgen

Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle im Polizei Revier Dessau. Er habe sich selbst angezündet, so die Behörden. Doch für viele ist klar - wie auf der Demonstration zu hören ist: "Oury Jalloh - das war Mord!"

Denn wie sonst ist es zu erklären, dass in Jallohs Lunge keine Russpartikel zu entdecken waren, oder die Tatsache, dass nach Brandgutachten bestätigt wurde, dass es höchstens zu eine Schwelbrand hätte kommen können, hätte der gefesselte Jalloh die Matratze, auf die er gebunden war, aufgerissen und dann angezündet hätte. Auch das erst im Nachhinein aufgetauchte Feuerzeug bleibt ein Mysterium.

Letztes Jahr hatte es brisante Entwicklungen gegeben. In einem Vermerk im April 2017 verwarf der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann die Unfallthese und entwarf ein Mordszenario, wonach Beamte den Häftling angezündet haben könnten. Der Fall wurde darauf plötzlich von Dessau nach Halle übergeben.

Außerdem wurde bekannt, dass ein Justizmitarbeiter schon 2013 und 2014 einen Polizisten anzeigen wollte, der in der Todesnacht mit Jalloh befasst war. Er wies darauf hin, dass dieser Wissen über Brandbeschleuniger gehabt haben muss, da er bei einer Betriebsfeuerwehr gearbeitet haben soll. Da er aber während der Anzeigeversuche alkoholisiert war, wurde er dazu bewegt, die Anzeige wieder fallen zu lassen.
Auch Oury Jallohs Bruder war an den gestrigen Demonstrationen vor Ort. "Die Wahrheit liegt seit 13 Jahren auf dem Tisch.“ sagte er. "Warum hat man uns nicht geglaubt. Weil wir schwarz sind?"

Die AfD veranstaltete gestern eine Gegenkundgebung – 150 Menschen kamen, da sie den Linksautonomen entgegentreten wollten, welche kämen , um Zitat durch Dessau zu ziehen und Justiz und Polizei zu diskreditieren.
Poggenburg, Tillschneider, Däbritz, Bachmann applaudierten u.a. der Behauptung, AfDler würden wie Juden '33 behandelt. Die Straße würde aber "uns Deutschen" gehören. Außerdem kam es zu Diffamierungen Jallohs.