Abschaffung der Netzneutralität: „Wir betonieren die Dienste tatsächlich in ihren Marktpositionen ein“

Abschaffung der Netzneutralität: „Wir betonieren die Dienste tatsächlich in ihren Marktpositionen ein“

19-inch_rackmount_Ethernet_switches_and_patch_panels.jpg

Künftig könnte hier eine merkwürdige Verkehrsordnung gelten: Wer mehr zahlt, erhält Vorfahrt und bessere Qualität
Lizenz: 
CC Attribution, Share Alike
Quelle: 
Dsimic/Wikimedia Commons

Am Dienstag verabschiedete das Europäische Parlament eine Verordnung, die auf die Schaffung eines gemeinsamen Marktes der Telekommunikation abzielt. In den Medien wurde vor allem eine Maßnahme zugunsten dieser Verordnung kommuniziert: Die Roaming-Gebühren, also die Extrakosten der Handy- und Smartphone-Nutzung im europäischen Ausland, werden 2017 abgeschafft.

Eine Kampagne namens Save the Internet, also Rettet das Internet, betrieben von europäischen Bürgerorganisationen, darunter Reporter Ohne Grenzen, die Digitale Gesellschaft in Deutschland und La Quadrature du Net in Frankreich, hatten im Vorfeld der Abstimmung für Änderungsanträge plädiert, die den Grundsatz der Netzneutralität gesetzlich verankert und geschützt hätten.

Bei der Netzneutralität geht es um die Gleichbehandlung aller Daten im Internetverkehr. Nach diesem Grundsatz dürften Internetanbieter nicht entscheiden, dass bestimmte Daten Vorrang haben, je nach Absender, Empfänger oder Inhalt. Einen privilegierten Zugang zum Internetverkehr für Dienstanbieter oder Privatkunden, die mehr zahlen, würde also gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Vor den Europawahlen 2014 hatte sich das Europäische Parlament in erster Lesung für die Netzneutralität starkgemacht, aber nach Verhandlungen mit Kommission und EU-Rat unterwarf sich eine große Mehrheit aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen in der endgültigen Abstimmung dem verhandelten Kompromisstext.

Radio Dreyeckland und das Berliner Bürgerradio Kiez FM befragten in einem gemeinsamen Interview den grünen Europaabgeordneten Michel Reimon und Alexander Sander, Geschäftsführer der Digitalen Gesellschaft, die sich beide für die Netzneutralität einsetzen. Zunächst erklärten beide, dass mit dieser neuen Verordnung die Netzneutralität in der EU abgeschafft wurde. Dabei stand in der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments, dass das Parlament die Roaming-Gebühren abgeschafft und die Netzneutralität gewährleistet hätte. Radio Dreyeckland fragte die Interviewpartner, wie sie diese unterschiedliche Darstellung zwischen der Pressemitteilung des Parlaments und ihren Aussagen erklären. Dazu die Antwort des Europaabgeordneten Michel Reimon: 6:33

 

Es waren nur Auszüge aus einem halbstündigen Interview, in welcher das Thema Netzneutralität weiter besprochen wird, aber auch wie Lobbyismus auf EU-Ebene konkret funktioniert, aus der Sicht eines Europaabgeordneten. Das gesamte Interview findet ihr hier: 27:22