"Klassenkampf von oben" gegen Obdachlose und Beschäftigte: Weitere Aushöhlung der Arbeitsrechte: Orbán wird Reform trotz Protest durchziehen

Weitere Aushöhlung der Arbeitsrechte: Orbán wird Reform trotz Protest durchziehen

Charlie-Chaplin-Genua.JPG

Charlie Chaplin Wandbild in Genua
Charlie Chaplin Wandbild in Genua
Lizenz: 
CC Attribution, Non-Commercial, Share Alike
Quelle: 
Foto RDL: Graffity in Genua

„Die linken und liberalen Parteien waren bisher nicht in der Lage, den Wählern in Europa aufzuzeigen, dass gerade jene, die rechtsextremistischen Parteien folgen, die ersten sind, die soziale Rechte einbüßen, wie man am Beispiel Ungarns sehen kann.“ schreibt der Wiener Journalist Karl Pfeifer in seinem aktuellen Artikel in der Jungle World.

Solche Einbußen bedeuten u.a. die Gesetzesverschärfung gegen Obdachlose vom Oktober, die das Leben und Übernachten im öffentlichen Raum verbietet, sowie die Arbeitsrechtsreform, die Fidesz am Mittwoch trotz Protest und Blockade im Parlament durchgesetzt hat.

Bereits 2012 wurde das Arbeitsrecht in Ungarn grundsätzlich reformiert, auf Kosten der sogenannten Arbeitnehmer. Unter anderem wurde das Streikrecht stark eingeschränkt, der Kündigungsschutz gelockert und die erlaubte Zahl von Überstunden stark ausgeweitet. 2017 wurde die Höchstarbeitszeit nochmals weiter flexibilisiert. Und nun eine weitere Reform. Wir haben darüber am 13. Dezember, zwei Tage nach der Präsentation des Gesetzentwurfs und dem Beginn starker Proteste dagegen, mit Karl Pfeifer gesprochen.

 

Im Interview wird kurz die in Medien geäußerte Vermutung angesprochen, dass Orbán mit der Arbeitsrechtsliberalisierung nicht zuletzt deutschen Konzernen entgegenkommt. Der regierungskritische Blog Hungarian Spectrum vertritt jedenfalls diese These und berichtet als Beispiel, dass bis im vergangenen Sommer das slowakische Košice und das ungarische Debrecen als mögliche Standorte für ein neues BMW-Werk konkurrierten. Die Wahl fiel schließlich auf Debrecen, d. h. über 1000 Arbeitsplätze und Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro gehen an Ungarn. Könnte da nicht das Versprechen praktisch beliebig verfügbarer Arbeitskräfte den Ausschlag gegeben haben? Da deutsche Firmen schon seit längerem auf solche Flexibilisierungen gepocht haben sollen, wie der ungarische Außenminister im November bei einem Besuch in Düsseldorf sagte, scheine das einigen Beobachter*innen wahrscheinlich.