Für die Wahl am kommenden Sonntag hat die Opposition in Ungarn ein Bündnis von 6 Parteien gebildet. Sie reichen im politischen Spektrum von links über Grüne und Liberale bis weit nach rechts. Sie unterstützen den Bürgermeister Péter Márki-Zay. Márki-Zay ist ein konservativer Politiker und bekennender Katholik. Wenn es um konkrete Vorhaben geht, will er vieles an Orbans Politik gar nicht ändern. Z. B. bliebe Orbans großer Zaun zur Flüchtlingsabwehr auch unter Márki-Zay stehen. Mit seinem so ziemlich das ganze politische Spektrum umfassenden Bündnis versucht Márki-Zay so etwas wie einen Wahlkampf zu führen, in dem er sich ideologiefrei gibt. Orban sei weder links noch rechts, sagt Márki-Zay, sondern er sei „ein Dieb“.

Der Überfall auf die Ukraine und Orbans Nähe zu Putin haben dem Wahlkampf neues Leben eingehaucht. Die Parole der Opposition lautet nun „Orban und Putin oder Europa und der Westen“. Márki-Zay zeigt dabei die Parallelen zwischen Orbans und Putins Politik auf, etwa bei der Unterdrückung freier Medien. Oppositionelle haben auf Wahlplakate von Orban ein großer Z gemalt, das an das Z erinnern soll, das an russischen Panzern in der Ukraine zu sehen ist. Tatsächlich hat der Krieg in der Ukraine Orban in Erklärungsnöte gebracht. Zwar trägt Orban gemeinsame Beschlüsse in der EU gegen Russland mit, vermeidet es aber tunlichst selbst Sanktionen zu verhängen oder den Angriff auf die Ukraine eindeutig zu verurteilen. Ungarn lässt zwar Flüchtlinge aus der Ukraine über die Grenze, doch dabei handelt es sich zum großen Teil um Mitglieder der ungarischen Minderheit in der Ukraine.

Ob seine Nähe zu Putin Orban bei der Wahl wirklich schadet, bleibt abzuwarten. Der Krieg lenkt auch von den heimischen Problemen wie der hohen Inflation ab. Außerdem hämmern die von Orban oder von mit ihm verbundenen Geschäftsleuten beherrschten Medien den Leuten ein, Orban halte Ungarn aus dem Krieg heraus. Während die Opposition und Orbans Partei Fidesz in Umfragen vor dem Krieg gleichauf lagen, besitzt Fidesz mittlerweile einen leichten Vorsprung. Außerdem hat Orban in seiner langen Amtszeit dafür gesorgt, dass die Wahlkreise zum Teil zu seinen Gunsten verändert wurden. Trotz des breiten Oppositionsbündnisses hat Viktor Orban daher eine gute Chance auf eine 5. Amtszeit als Ministerpräsident.