Das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Frankreich in einem Fall von Polizeigewalt verurteilt. Das Gericht gab das Urteil am gestrigen Donnerstag bekannt.

Der Fall bezieht sich auf den Tod eines Mannes im Jahr 2009 in einem Polizeiwagen. Eine Apotheke hatte die Polizei gerufen wegen eines Mannes, der sich in psychotischem Zustand aufregte. Als der Mann sich weigerte, mit der Polizei aus der Apotheke herauszukommen, packte ihm die Polizei direkt an Arm und Bein, um ihn hinauszuzwingen. Er fiel auf den Boden, worauf ihm die Polizei Handschellen anlegen wollte. Zu diesem Zweck gab ihm ein Beamter zwei Faustschläge auf die Brust. Weil er sich im Polizeiauto weiter wehrte, ketteten ihn die Beamten an einem festen Punkt des Autos und blieben auf seine Schulter, seine Beine und seinen Hintern sitzen. Fünf Minuten nach Beginn des Einsatzes mussten sie die Rettungsdienste anrufen. Diese konnten den Mann nicht mehr retten.

Die Angehörigen des Mannes klagten bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sie warfen der Polizei vor, sie habe das Recht auf Leben ihres Angehörigen missachtet und ihn unmenschlich oder entwürdigend behandelt.

Das Gericht sprach die Polizisten von dem Vorwurf frei, sie hätten in diesem Fall das Recht auf Leben missachtet. Der Mann sei aufgrund einer Herzkrankheit gestorben, von der er selbst nicht einmal wusste. Zwar habe die Polizei mit ihrem Agieren dem Mann zusätzlichen Stress ausgesetzt, aber er sei bereits davor aufgeregt gewesen.

Das Gericht verurteilte die Polizisten hingegen wegen unverhältnismässiger Gewaltanwendung, und widersprach damit dem Urteil des höchsten französischen Gerichts. Die Polizei habe in der Apotheke zu schnell unmittelbaren Zwang gegen den Mann ausgeübt, während es nicht nötig war. Ausserdem sei es gar nicht nötig gewesen, dass die Polizisten weiterhin mit ihrem ganzen Gewicht den Mann auf den Boden des Polizeiautos drücken, als er schon Handschellen anhatte und an einem festen Punkt des Autos angekettet war.

(mc)