"Fertility Day" in Italien: Fruchtbarkeitskampagne als neoliberales Projekt

"Fertility Day" in Italien: Fruchtbarkeitskampagne als neoliberales Projekt

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Screenshot von der mittlerweile eingestellten Twitterkampagne

„Schönheit kennt kein Alter - Fruchtbarkeit schon“ - dazu das Foto einer jungen Frau mit ablaufender Eieruhr. Oder: „Fruchtbarkeit ist ein Gemeingut“, illustriert mit einem tropfenden Wasserhahn - eine klare Reminiszenz an das Referendum gegen die Privatisierung der Wasserversorgung.

Das sind zwei Bilder (zu sehen z.B. hier) aus einer Kampagne des italienischen Gesundheitsministeriums, die am 22. September im „Fertility Day“, dem „Fruchtbarkeitstag“ mit Werbeveranstaltungen mehreren Städten einen ersten Höhepunkt finden sollte. Die Botschaft in Kurzform: Frauen in Italien sollen wieder mehr Kinder bekommen, und damit das gut klappt, einen gesunden und jungen Körper nutzen. Nach breiter Kritik ruderte Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin zurück - ändern werden sich aber wohl nur einige Motive und Events. Der dahinterstehende „Nationale Plan für Fruchtbarkeit“ wird weiter verfolgt werden.

Obwohl der Gestus der Gebärkampagnen zum Wohl der Nation viele an die Zeit des Faschismus erinnern, handelt es sich nicht mehr um denselben autoritären Zwang gegenüber den Frauen. Und es geht auch nicht einfach um eine Renaissance (vermeintlich) traditioneller Rollenverteilungen. Vielmehr zeigt sich hier ein neoliberales Paradox: der Zwang zur freien Entscheidung fürs Kinderkriegen. Diese Position vertritt Paola Rudan, Historikerin und Aktivistin des Kollektivs ∫connessioniprecarie in einem Artikel zum Thema. Wir haben mit ihr gesprochen. Zunächst fragten wir, welche Maßnahmen in dem nationalen Fruchtbarkeitsplan vorgesehen sind.