Nazikonzert in den Vogesen verboten : Innenministerium sucht Veranstaltungsort im Dreiländereck

Innenministerium sucht Veranstaltungsort im Dreiländereck

Ein möglicher Veranstaltungsort für Nazikonzerte bleibt die Taverne de Thor in Lothringen (LS2020)

Ein möglicher Veranstaltungsort für Nazikonzerte bleibt die Taverne de Thor in Lothringen (LS2020)
Ein möglicher Veranstaltungsort für Nazikonzerte bleibt die Taverne de Thor in Lothringen (LS2020)
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Keine (all rights reserved)
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Radio Dreyeckland

Nach Veröffentlichungen des Bloc Antifasciste de Nancy (BAF) und der investigativen Onlinezeitung Mediapart, hat Frankreichs Innenminister ein in der Nähe von St-Die-des-Vosges geplantes National-Socialist-Black-Metal-(NSBM)-Konzert verboten. Der bisher geheim gehaltene Veranstaltungsort wird vom Ministerium laut dem Radiosender France Bleu „auf Hochtouren“ gesucht. Als "Night for the Blood" wurde das für den 25. Februar anberaumte, internationale Nazikonzert über soziale Netzwerke beworben. Per E-Mail erklärten die Veranstalter, das Event solle „weniger als 50 km von Saint Dié entfernt“ erfolgen, „Kostenpunkt 20 € über Paypal“. Auftritte eindeutig rechtsradikaler Bands aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich sind angekündigt: Der Veranstalter wirbt mit schwer konnotierten Namen: „Todesschwadron“, „LeibStandarte“ und „Eidkameraden“. Als Headliner gilt die sächsiche NSBM-Band „Stahlfront“.

Dem antifaschistischen Netzwerk LaHorde zufolge, ist das Dreiländereck ein „Konzertparadies“ für Nazis. Die „Nacht für das Blut“ folgt auf eine Reihe vergleichbarer Events in der Region Grand-Est. Diese gilt nicht nur aufgrund der geografischen, sondern auch wegen der Rechtslage als optimaler Austragungsort. Oftmals werden die Gemeinden in Frankreich durch private Anmietungen düpiert. Konzerte der NS-Szene wurden immer wieder durch Proteste begleitet oder verhindert. Doch dies gelingt bei weitem nicht immer. Das größte Konzert-Event im Dreiländereck dürfte am 16. Oktober 2016 mit über 5.000 BesucherInnen im Schweizer Städtchen Unterwasser stattgefunden haben. Am 18. März 2017 traf es das Dorf Heudicourt-sous-les-Côtes in Lothringen. Damals waren Berichten von AFF/VERZET zufolge rund 1.000 AnhängerInnen der „Hammerskins“ zugegen. 2018 soll laut rue89 Strasbourg ein „Hammerfest“ mit 1.500 BesucherInnen in Toul stattgefunden haben. In 2019 organisierten Nazis im elsässischen Plaine ein weiteres „Hammerfest“ bei dem die Antifa Saar rund 500 Rechtsradikale beobachtete. Über 100 Nazis trafen sich im April des gleichen Jahres zum „Führergeburtstag“ im Festsaal von Sexey-aux-Forges.

In Zeiten der Pandemie wurde wenig über vergleichbare Aktivitäten bekannt. Klandestine Organisierung und die Gewaltaffinität der französischen Neo-Naziszene in der Region Grand-Est wurde zuletzt hingegen umso deutlicher. „Es ist kein Geheimnis, inwieweit die Durchführung dieser Veranstaltungen besonders auch über die Netzwerke der Hammerskins militante Faschisten finanziert“ stellt Leo vom BAF Nancy einen direkten Zusammenhang her. Am 4. Mai 2021 fanden in der Region Razzien statt, die das rechtsradikale „Projet Alsace“ zum Scheitern brachten. Sechs Personen wird vorgeworfen, einen Sprengstoff-Anschlag auf eine Freimaurer-Loge in Thionville in der Moselle geplant zu haben. Am 26. August 2021 fanden Ermittler in Rouffach im Elsass vier hausgemachte sogenannte „schmutzige“ radioaktive Bomben. Am 21. und 22. November 2021 hoben Ermittler von Zoll und Nachrichtendiensten bei Hausdurchsuchungen in ganz Frankreich ein erstes spektakuläres Waffenarsenal Rechtsradikaler aus. Kurz nach einer Veranstaltung von rund 60 Nazis in Gedenken an die „Waffen-SS“ in Sainte-Croix-aux-Mines im Mai 2022 erfolgten weitere Razzien mit Schwerpunkt in Ostfrankreich. In Villé, eine gute Autostunde von Freiburg entfernt, entdeckten Einsatzkräfte am 17. und am 21. Mai 41 Schusswaffen, eine große Menge Sprengstoff, 120.000 Schuss Munition und 72 AK-47 Magazine.

Die Veröffentlichung der Pläne für eine weitere Naziveranstaltung an diesem Samstag sorgte für Empörung in den betroffenen Kommunen. Mit Blick auf die „kriegerische Geschichte der Region“ befindet Saint-Diés Bürgermeister Bruno Toussaint gegenüber rue89 Strasbourg, das Konzert dürfe „Nicht bei uns, nicht in Frankreich“ stattfinden. Einsatzkräfte seien „seit Montag mit Kontrollen von Industriebrachen und weiteren möglichen Ortschaften“ befasst. Man würde "die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen", um das Konzert rechtsradikaler Gruppen zu unterbinden. Dies versicherte Innenminister Darmanin öffentlich und wies sechs Präfekten an, das Verbot in ihren Landkreisen umzusetzen. Nicht zu den vom Konzert-Verbot an diesem Samstag gedeckten Départements gehört die weiter westlich gelegene Meuse. Nach antifaschistischen Interventionen bei Toul und einem Umzug 2013 gilt der Hammerskin Veranstaltungsraum „Taverne de Thor“ in Combres-sous-les-Côtes für die Antifas des BAF zwar als „kaum genutzt“. „Ausschließen lässt sich eine Verlegung nach Meuse (jedoch) nicht“, so die antifaschistische Organisation aus Nancy. Die Meuse-Präfektur in Bar-le-Duc erklärte gegenüber RDL, dass es bisher „keine Kenntnis“ über mögliche Aktivitäten bezüglich einer Verlegung des Nazikonzerts ins westliche Lothringen gäbe. Man habe am Donnerstag überhaupt noch „nicht von der geplanten Veranstaltung gehört“.

 

LS