Koloniale Wissenschaft und vergessene Kollateralschäden im Gedächtnis der Bevölkerungen in Deutsch-Togo

Koloniale Wissenschaft und vergessene Kollateralschäden im Gedächtnis der Bevölkerungen in Deutsch-Togo

Die Freiburger Afrikagespräche im Sommersemester 2023 werden sich im Rahmen eines Vortrags mit dem Thema „Koloniale Wissenschaft und vergessene Kollateralschäden“ auseinandersetzen:
Die Schlafkrankheit, die im Bezirk Misahöhe und Umgebung in der deutschen Kolonie Togo als Epidemie erklärt wurde, führte zu unkontrollierten Maßnahmen der Ärzte der deutschen Kolonialverwaltung. Behandlungen in Form von Experimenten, die den Verlust von Menschenleben zur Folge hatten, führten zu Beschwerden und Aufständen in der Bevölkerung. Die Berichte über die Aktivitäten zu diesen medizinischen Experimenten in Archivalien reichten nicht aus, um die sozialen Folgen zu klären. Nachforschungen in der Ewe-Gemeinde Kpando, die diese Ereignisse noch im Gedächtnis hat, zeigen, in welchem Ausmaß die medizinische Behandlung der Schlafkrankheit die Ursache für das Verschwinden von Menschen, die Deportation des Königs und die illegale Sammlung von kulturellen und heiligen Objekten war.
Ziel des Vortrags ist es, anhand von Archivquellen und Zeugenaussagen in der Ewe-Gemeinde von Kpando die Umstände aufzuzeigen, unter denen medizinische Experimente zur Zerstörung der politischen, sozialen und kulturellen Strukturen dieses Volkes in Deutsch-Togo führten.
 

Zum Referenten:

Dr. Kokou Azamede ist Dozent an der Universität Lomé, Fachbereich Deutschstudien/Kulturwissenschaft. Er promovierte 2008 an der Universität Bremen zum Thema: Transkulturationen? Ewe-Christen zwischen Deutschland und West-Afrika, 1884-1939“. Seine Forschungsschwerpunkte sind transkulturelle Studien, deutsche Missionen und deutscher Kolonialismus sowie deutsche Kolonialfotografie aus Westafrika. Er war Stipendiat der Hanns-Seidel-Stiftung 2001-2002 in Bayreuth, der Volkswagenstiftung 2004-2005 in Bremen. Postdoc-Stipendiat des DAADs 2010 & 2014 in Bremen, der Fritz-Thyssen-Stiftung 2012-2013 in Frankfurt/M, des Merian Institute of Advanced Studies in Africa (MIASA) 2021 in Accra, und vom Mai bis Juli 2022 Gastdozent an der Universität Tübingen. Seine aktuellen Forschungsprojekte beziehen sich auf die Rekontextualisierung menschlicher Überreste und Kolonialobjekten aus Deutsch-Togo in deutschen Museen, und die Frage des Kolonialerbes. Er ist der Jakob-&-Wilhelm-Grimm Preisträger 2022

Über die Freiburger Afrikagespräche

Die Freiburger Afrikagespräche sind das Vortragsforum des Africa Centre for Transregional Research (ACT) und zielen darauf ab, ein differenziertes Bild afrikanischer Wirklichkeit in die breite Öffentlichkeit, die Stadtgesellschaft Freiburg und darüber hinaus zu vermitteln. Es werden afrikanische und europäische Expertinnen und Experten aus Politik und Wirtschaft sowie Wissenschaft und Gesellschaft zu ausgewählten Themen und Fragestellungen eingeladen, um in unterschiedlichen Dialogformaten ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorzustellen und kontroverse Diskussionsangebote zu machen.

Den Auftakt zu den Freiburger Afrikagesprächen machte am 6. Juni 2019 die ehemalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Weitere Veranstaltungen waren u.a. ein Vortrag von Prof.‘in Abena D. Oduro, Ökonomin an der University of Ghana und ghanaische Direktorin des Maria Sibylla Merian Institute for Advanced Studies in Africa (MIASA); eine Afrika-Filmreihe mit dem aka-Filmclub; Podiumsdiskussionen zum Verhältnis Deutschland und Namibia sowie den Wahlen in Südafrika; ein Vortrag von Prof.‘in Susanne Kuß zu „Die ‚großen‘ deutschen Kolonialkriege“; ein Vortrag von Prof.‘in Bénédicte Savoy  (Kunsthistorikerin; TU Berlin und Collège de France, Paris) zu „Zurück in die Zukunft. Die Restitution afrikanischer Kulturgüter aus historischer Sicht“ u.v.m.

Zahlreiche Vorträge, die im Rahmen der FREIBURGER AFRIKAGESPRÄCHE stattgefunden haben, finden Sie in der Mediathek des COLLOQUIUM POLITICUM unter https://www.videoportal.uni-freiburg.de/category/colloquium-politicum/70.

Aktuelle Informationen zu den FREIBURGER AFRIKAGESPRÄCHEN erhalten Sie unter https://www.arnold-bergstraesser.de/freiburger-afrikagespraeche-0.  

https://www.studiumgenerale.uni-freiburg.de/cp/ev