Krebs infolge DU-Munition | Sammelklage gegen die NATO

Krebs infolge DU-Munition | Sammelklage gegen die NATO

Während beispielsweise 'Die Zeit' und das ZDF die Gefahren des Einsatzes von DU-Munition aktuell wie gewohnt verharmlosen, berichtet heute überraschender Weise die 'Welt', das defizitäre Flagschiff des Springer-Konzerns, relativ sachlich über die Klage des serbischen Anwalts Srdan Aleksic gegen die NATO. Der Anwalt vertritt zur Zeit 3.500 KlientInnen in einer Sammelklage.

Im November 2016 forderten 146 Staaten der UN-Vollversammlung - von insgesamt 193 Mitglieds-Staaten - in einer Resolution, die Herstellung, Verbreitung und Anwendung von DU-Munition zu verbieten. Bis heute konnte dies nicht durchgesetzt werden.

Bereits im 2. Golf-Krieg, 1991, hatte das US-Militär im Irak DU-Munition eingesetzt. Die Abkürzung DU steht für "depleted uranium", zu Deutsch: "abgereichertes Uran". DU-Munition wird vom Militär wegen der hohen Durchschlagskraft geschätzt. Anders als im Falle der Atombombe wird Uran bei dieser Munition nicht zum Zwecke einer Explosion verwendet, sondern - ähnlich wie im Falle von Blei-Munition - wegen seiner hohen Dichte. Ein Kubikdezimeter Wasser wiegt ein Kilogramm, ein Kubikdezimeter Blei rund 11 Kilogramm und ein Kubikdezimeter Uran rund 19 Kilogramm. Mit DU-Munition kann die stählerne Außenhülle der meisten Panzer durchschlagen werden. Rüstungsfirmen produzieren heute unter anderem tragbare Panzerfäuste, mit denen sogar aus einem halben Kilometer Entfernung 70 Zentimeter dicker Panzerstahl durchschlagen werden kann. Eine solche Panzerfaust hat schußbereit - also mit der entsprechenden Rakete bestückt - lediglich ein Gewicht von 13 Kilogramm. Die im Krieg in der Ukraine eingesetzte und von westlicher Seite bereits vor dem 24. Februar 2022 gelieferte Javelin wiegt knapp 23 Kilogramm.

Als die NATO während des Balkankrieges in den Jahren 1994 und 1995 Gebiete in Serbien und 1999 im Kosovo bombardierte, verwendete sie dabei auch mehr als 10.000 Geschosse mit abgereichertem Uran, sogenannte DU-Munition. Beim Einschlag in einen Panzer wird in dessen Inneren eine Temperatur von über tausend Grad Celsius erreicht. Ein zusätzlicher Effekt ist, daß sich beim Aufprall auf ein gepanzertes Ziel heißer Uranstaub bildet, der sich im Inneren des Panzers entzündet und die Besatzung tötet. Es wird Uranoxid freigesetzt und die Umwelt damit radioaktiv und chemisch vergiftet.

Der serbische Anwalt Srdan Aleksic vertritt seit Jahren KrebspatientInnen aus der Region und verklagte die NATO. Er versucht nachzuweisen, daß ihre Erkrankungen Spätfolgen dieser Einsätze von DU-Munition sind. Die ersten Klagen hatte er im Jahr 2021 beim Obersten Gericht in Serbien eingereicht. Seine KlientInnen sind an spezifischen Krebsarten erkrankt. Es handelt sich dabei um solche, die nach medizinischen Erkenntnissen nicht auf natürliche Weise entstehen. Die Betroffenen leiden nicht nur an einer einzigen speziellen Krebsart, sondern an zwei oder dreien gleichzeitig. Etwa Hautkrebs und Krebs des Lymphsystems oder des Gehirns oder Blutkrebs. Ein weiteres starkes Indiz für den kausalen Zusammenhang von Krebserkrankungen und dem Einsatz von DU-Munition ist der starke Anstieg der Krebsrate in den betroffenen Gebieten.

Aleksic verweist darauf, daß in Italien bereits Tausende Soldaten entschädigt wurden, die im Kosovo gedient hatten und später unter anderem am sogenannten Balkan-Syndrom - einer speziellen Leukämie - erkrankten. Sie erhielten Schadenersatz zwischen 700.000 und einer Million Euro. Aleksic sagte gegenüber der 'Welt', er arbeite eng mit einem italienischen Anwalt zusammen, der diese Opfer vertreten hat. Deshalb sei er hinsichtlich der Erfolgsaussichten zuversichtlich.

Nach Angaben der NATO wurden 15 Tonnen DU-Munition auf Gebiete in Serbien und im Kosovo abgeworfen. Bei der Detonation der Sprengsätze wurde radioaktiver Staub in die Luft geschleudert, der sich auch auf Teile der Nachbarländer verteilte: Kroatien, Bulgarien, Rumänien, Albanien und Mazedonien. Laut Aleksic handelt es sich daher nicht allein um ein serbisches Problem. Bestimmte endemische Pflanzenarten seien stark zurückgegangen, genauso wie einige Vogelarten. Aleksic beruft sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach es mindestens 4,5 Millionen Jahre dauert, bis sich die Natur erholt habe. Er kommt daher zum Fazit, daß DU-Munition alles verseucht, was wir Menschen zum Leben benötigen: "Man nimmt künftigen Generationen die Lebensgrundlage."