Schluss mit den Abhörpornos im Kino!

Wer die letzten Jahre ins Kino ging, dürfte sich über Überwachungsprogramme wie 'Prism' oder 'Tempora' nicht wirklich gewundert haben. Bei James Bond oder in der Fernsehserie '24' wird schon immer abgehört, was die Platine hergibt. Mittlerweile kann man schon regelrecht von Abhör-Pornos sprechen – meint jedenfalls Andreas in seinem Kommentar ...

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Schluss mit den Abhörpornos im Kino!

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Abhörporno? James Bond und Tempora (Foto: Sony Pictures)
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Wer die letzten Jahre ins Kino ging, dürfte sich über Überwachungsprogramme wie 'Prism' oder 'Tempora' nicht wirklich gewundert haben. Bei James Bond oder in der Fernsehserie '24' wird schon immer abgehört, was die Platine hergibt. Mittlerweile kann man schon regelrecht von Abhör-Pornos sprechen – meint jedenfalls Andreas in seinem Kommentar ...

Gotham City steht mal wieder am Abgrund – und nur einer kann die Stadt retten, nämlich – Batman. Aber um den terroristen auf die Spur zu kommen, verlangt Batman von seinem Assitenten Fox, dass er sämtliche Handys der Stadt abhören soll.

Bislang hatte Fox wenig Skrupel exklusiv für Batman Waffen zu konstruieren – aber das mit dem Abhören der Handys geht ihm erst einmal gegen den Strich …

Immerhin, hier ist jemand mal nicht sofort mit der lückenlosen Überwachung von Handys einverstanden, auch wenn die Bedenken schnell wieder vom Tisch sind. In anderen Filmen gibt es aber nicht einmal einen solch zaghaften Anflug von Kritik. Wenn Superagenten wie James Bond oder Ethan Hunt (in der Mission Impossible Reihe) weltweit auf der Jagd nach Terroristen sind, dann geht das nur noch mit der Hilfe eines Computernerds in einer hochtechnisierten Überwachungszentrale.

Das Skandalöse dabei: Diese High-Tech-Überwachung kommt mittlerweile als etwas ganz selbstverständliches daher.

Alles was draußen gerade passiert registriert man in der Zentrale sofort, mit Satelliten, Drohnen und Videokameras dringt man sogar in Gebäude ein - man weiß sofort, in welchem Flur sich das Terrorkommando versteckt hält oder in welchem Internetcafe der Selbstmordattentäter eine Mail schreibt.

Katastrophenfilme von Roland Emmerich hat man einmal als Desaster-Pornos bezeichnet, eine ganze Reihe von Agenten-Filmen und Polizeiserien sind mittlerweile Abhör-pornos. Ohne kritische Untertöne wird hier überwacht was das Zeug hält – und das alles mit einer pornografischen Inszenierung monströser Abhör- und Computertechnik.

Der große Überwachungsraum im Keller des Pentagon - in 'Dr. Seltsam – Oder wie ich lernte die Bombe zu lieben' sollte er noch eine satirische Überhöhung sein: Heute, 50 Jahre nach Stanley Kubricks Film sind solche Räume unhinterfragte Normalität im Kino.

Am krassesten wohl in der vom rechten Fox-Sender produzierten Fernsehserie 24 um den Spezialagenten Jack Bauer. Nicht nur dass Jack Bauer die Terror-Verdächtigten umstandslos foltern darf, er wird auch von einem Stab von Abhörspezialistinnen und -spezialisten unterstützt, die sich skrupel- und - übrigens auch problemlos - in Datenbanken und Handynetze hacken. Datenschutz? Spielt keine Rolle, denn bei 24 geht es immer um Sekunden – für Grundrechte bleibt da keine Zeit.

Dabei gibt es selbst unter größeren Hollywood-Filmen und US-Serien eine Reihe von Beispielen, in denen Überwachung nicht bloß spektakulär inszeniert wird. Im dritten Film der Reihe um den Agenten Jason Bourne etwa – dem Bourne Ultimatum – versucht Bourne an der Londoner Waterloo Station seinen Verfolgern zu entkommen – ausgerechnet an jenem Ort, wo es weltweit wahrscheinlich am meisten Überwachungskameras gibt. Der Action-Film von 2007 liefert keinen direkten Kommentar zu dieser Überwachung, aber er zeigt, dass es so gut wie unmöglich ist, dem Zugriff von Kamera- und Handyüberwachung zu entkommen.

Oder in dem komplexen Politthriller Syriana von 2005 mit George Clooney, wo zu sehen ist, wie der US-Geheimdienst einen arabischen Kronprinzen mit einer Drohne ermordet. Hintergrund des Ganzen: Die USA will vor Ort ein korruptes Regime am Leben halten, mit dem man besser Geschäfte machen kann.

Oder in der grandiosen Fernsehserie The Wire – wo das Thema der Überwachung schon im Titel mitschwingt. Um der Drogenmafia in Baltimore auf die Schliche zu kommen, hört die Polizei tagelang Münztelefone ab. Allerdings darf sie nur dann das Telefon anzapfen, wenn ein Verdächtiger den Hörer abnimmt. Und die Polizei hält sich daran, denn würde sie einfach alle Gespräche abhören, hätte das Material vor Gericht keine Beweiskraft mehr. Daher ist in der Nähe der Münztelefone rund um die Uhr ein Polizist postiert. Sein einziger langweiliger Job: der Zentrale mitzuteilen, wenn ein Verdächtiger ans Telefon geht, damit sie das Gespräch abhören kann – eine öde Sysiphusarbeit, die in der Serie aber nie als etwas überflüssiges inszeniert wird. Hier, in The Wire, wird zumindest gezeigt, dass die Polizei bei ihren Ermittlungen den gesetzlichen Rahmen für den Datenschutz ernst nehmen muss.

Man darf gespannt sein, ob Hollywood auf Edward Snowden reagieren wird – und künftig auf die monströsen Abhör-Pornos der Agentenfilme verzichten wird.

Übrigens soll der amerikanische Geheimdienst die EU-Vertretungen in New York und Washington auf ganz klassische Weise abgehört haben, nämlich mit Wanzen. Solche gezielten Abhöraktionen alter Schule gibt es also nach wie vor – aber wann hat man das zuletzt im Kino gesehen? Sind Wanzen zu wenig Porno?

Wie es gehen könnte, zeigten die Coen-Brüder in ihrer Agenten-Komödie Burn after reading. Dort glaubt ein ziemlich dussliger Fitnesstrainer (Brad Pitt), er hätte in der Umkleidekabine eine superbrisante CD-Rom des CIA entdeckt – die Folge davon: am Ende des Films sind mehrere Leute tot, inklusive er selbst. Das schlimmste aber: Der Geheimdienstchef des CIA kann sich auf das Ganze keinen Reim machen: Warum das alles nur? Der Chef weiß es einfach nicht. Die Ironie dabei: den ganzen Film über ging es im Grunde um NICHTS, die CD-Rom war alles andere als besonders brisant gewesen, schade um den hübschen Fitnesstrainer.

Bei den Coens ist der CIA am Ende ratlos – und baut wahrscheinlich irgendwo in der salzigen Wüste Utahs schon die nächstgrößere Überwachungszentrale …