Türkei: Medienaufsicht verhängt Strafen wegen Kritik an Gerichtsurteil

Türkei: Medienaufsicht verhängt Strafen wegen Kritik an Gerichtsurteil

Die Medienaufsichtsbehörde der Türkei, RTÜK hat Geldstrafen gegen vier private Internetfernsehsender verhängt, weil sie in einer Live-Übertragung kritische Bemerkungen des Abgeordneten Ahmet Sik zur Verurteilung der angeblichen Organisator*innen der Gezi-Proteste gesendet haben. Im Jahr 2013 hatten sich die Proteste gegen die Überbauung des Gezi-Parkes in Istanbul rasch zu einer landesweiten Protestwelle gegen die Politik von Tayyip Erdogan ausgeweitet. Dafür wurde nun der angesehene Mäzen Osman Kavala als angeblicher Organisator zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Sieben weitere Beschuldigte erhielten jeweils eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren. Leute, die nie Gewaltangewendet, noch dazu aufgerufen haben, bekamen Strafen wie Mörder. Das Urteil wurde auch international heftig kritisiert.

 

Dass es gerade Ahmet Sik ist dessen Worte gebannt werden sollen, hat eine bittere Ironie. Im März 2013 versuchte die Staatsanwaltschaft durch Beschlagnahme sämtlicher Manuskripte die Veröffentlichung eines Buches des damaligen Journalisten Ahmet Sik zu verhindern. Erdogan rechtfertigte die Aktion, indem er sagte, dass es Bücher gebe, die gefährlicher seien als Sprengstoff. Das Buch mit dem Titel „Die Armee des Imam“ erschien schließlich trotzdem im Internet. Darin beschuldigte Sik den Prediger Fethullah Gülen, mit seinen Leuten, den Polizeiapparat unterwandert zu haben und gefälschte Beweise gegen politische Gegner*innen Erdogans zu fabrizieren. Wenig später verstritten sich Gülen und Erdogan. Erdogan wirft nun Gülen in etwa das gleiche vor, was in „Die Armee des Imam“ zu lesen war, bestreitet aber von diesen Machenschaften gewusst zu haben.