Die seit Tagen angekündigte und vorbereitete Offensive der türkischen Armee und ihrer Hilfstruppen in Syrien gegen den kurdischen Kanton Afrin hat am Freitagabend wohl wirklich begonnen. Die türkische Armee versucht offenbar an mehreren Stellen die syrische Grenze zu überschreiten. Gleichzeitig greifen ihre syrischen Hilfstruppen unter dem Label "Freie Syrische Armee" von den bereits von der Türkei besetzten Gebieten in Syrien aus an. Unterstützt werden die Vorstöße durch starken Artilleriebeschuss, von dem auch andere kurdische Gebiete in Syrien (Raum Kobani und Hasseke) betroffen sind. Der russische Außenminister Lawrow hat einen Bericht der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, wonach russische Beobachter unmittelbar vor Beginn der Offensive aus Afrin abgezogen wurden, zwar dementiert, gebrauchte aber keine ganz eindeutige Formulierung.
Der Kanton Afrin, auch Djabal al-Akrad, "Berg der Kurden" genannt, ist ein fast ausschließlich von Kurdinnen und Kurden bewohntes Gebiet. Aufgrund von Fluchtbewegungen ist nicht ganz klar, wie viele Menschen derzeit dort leben. Schätzungen nennen die Zahl von 700 000 Menschen, die von Erdogans Offensive betroffen sind. Neben außenpolitischen Überlegungen, wurden Erdogan nach seinen Drohungen gegen Afrin und andere kurdisch kontrollierte Gebiete von oppositionellen türkischen Medien auch innenpolitische Motive unterstellt. Es wird vermutet, dass er mit einem Militärschlag gegen die KurdInnen, sein Bündnis mit den Ultranationalisten stärken will. Zwar ist deren Führer Devlet Bahceli zu Erdogan übergegangen, aber die Bewegung hat sich gespalten und der abgespaltene Flügel hat eine neue Partei gegründet, die IYI Partei ("gute Partei") unter Meral Aksener, die zunehmend um das nationalistisch-religiös orientierte Wählerpotential kämpft, das für Erdogan wichtig ist. Ein Krieg gegen die Kurden kann diese Leute wieder ins Pro-Erdogan Lager zurückbringen.
jk
Das letzte:
Bis auf Minuten zeitgleich mit dem Beginn der türkischen Offensive meldet Spiegel online, der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) habe aufgrund seines Gesprächs mit seinem türkischen Kollegen, die Anweisung erteilt, die Modernisierung türkischer Leopardpanzer durch die Firma Rheinmetall positiv zu prüfen. Leopardpanzer werden bei der Offensive mit Sicherheit eingesetzt werden. Aufgrund ihres besseren Schutzes gehören sie zu den Trümpfen der türkischen Armee in Syrien.
Update:
Heute morgen haben die türkischen Streitkräfte erklärt, dass sie von ihrem legitimen Recht auf Selbstverteidigung und Vergeltung Gebrauch machen. Demnach haben die Kurden in der vergangenen Nacht das Feuer über die Grenze hinweg eröffnet. Drohungen, die Ansammlung großer Mengen an Panzern und schwerer Artillerie und ja auch immer wieder Artilleriebeschuss von türkischer Seite, hatten also nichts mit wirklichen Plänen für eine Invasion zu tun. Man hätte an der Grenze ja auch Tee trinken können, hätten diese Terroristen nicht geschossen...
Demo: Für Samstag 16 Uhr wurde eine Demo auf dem Rathausplatz in Freiburg angesagt. Motto: "Hände weg von Afrin" und "Stopp der deutschen Waffenexporte in die Türkei".