"Soziale Durchmischung" heißt Gentrifizierung und Vertreibung : Einkommensschwache unerwünscht

Einkommensschwache unerwünscht

IMG_3715.jpg

Einkaufsmöglichkeiten in Landwasser sind derzeit arg beschränkt
Lizenz: 
CC Attribution, Non-Commercial, Share Alike
Quelle: 
RDL

Harald Pessentheiner ist Geschäftsführer beim Haus der Begegnung Freiburg-Landwasser e.V. im Habichtweg in unmittelbarer Nachbar*innenschaft zum Einkaufszentrum – oder besser gesagt, zu dem, was einmal ein Einkaufszentrum war und auch wieder eins werden soll. Denn derzeit erstreckt sich eine Baustelle über den gesamten Block in der Auwaldstraße. das EKZ Landwasser wird nach guten 50 Jahren derzeit abgerissen. Der Investor Unmüssig plant ein neues gebäude plus 200 bis 300 Wohnungen – 0% davon sozial gebunden. Saniert wurde das alte Gebäude zu seinen Lebzeiten nie.

Daß es auch anders geht, zeigt das EKZ im Westen Freiburgs: Das Einkaufszentrum Weingarten, welches sich erst kürzlich in "Markt Carrée Weingarten" umbenannte, wird derzeit unter Einbeziehung der Anwohner*innen komplett neu gestaltet.

das war für Unmüssig aber offenbar keine Option – zumindest keine rentable. Zumal der Investor danach die Wohnungen wohl weiterverkaufen wird, so die Einschätzung von Harald Pessentheiner. Aber auch Anwohnerinnen und Anwohner wünschen sich schon lange einen Abriß und Neugestaltung des marode EKZ Landwasser: Mindestens seitdem die Gespräche zu den Stadtteilleitlinien in Landwasser 2012/13 stattgefunden haben. Diese Stadtteilleitlinien seien ein „weites Feld“, so Harald Pessentheiner und es gehe dabei u.a. um mehr Kulturveranstaltungen in Landwasser, die Installierung eines Quartiersbüros, um Wohnungen und Grünanlagen.

Aber zurück zum EZK: Ursprünglich sollte die Tegernsee Aktiengesellschaft TAG hier neu bauen, denn ihr hat das Gebäude zuvor auch gehört. Geplant waren neue Geschäfte plus 100 Wohnungen. Die Stadt wollte jedoch das Grundstück nicht aufgeben. Daraufhin hat die TAG Gebäude inkl. Grundstück an Unmüssig verkauft.

Unmüssig bekommt eine Ausnahme der Regelung, die seit 2015 in Freiburg gilt und besagt, daß bei neuen Bauprojekten 50 Prozent sozial gebundener Mietwohnungsbau entstehen soll. Der Gemeinderat hatte sich im fall des EKZ Landwasser 2016 mit knapper Mehrheit gegen sozial gebundenen Wohnraum entschieden. U.a. ausschlaggebend war dabei wohl Freiburg Lebenswert mit ihrer Stimme.

Hier zeigt sich einmal mehr: Die Stadt Freiburg hört gerne auf Bürgervereine, nicht aber auf andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen. Das Haus der Begegnung hatte sich damals für die 50 oder zumindest 30% sozial gebundenen Wohnraum stark gemacht.

Zwei Hochhäuser in der Wirthstraße hatte die Stadt kurz vor dem Entscheid noch verkauft. Um die 100 Wohnungen in der AWO-Senior*innenenwohnanlage sind als einzige im Stadtteil noch sozial gebunden. Das Haus gehört jedoch der Vonovia und damit läuft auch hier die soziale Bindung in absehbarer Zeit aus…

Haralds Fazit: Es ist alles entschieden, der Gemeinderat hat seine Entscheidungen sogar mehrfach bestätigt und zieht sich komplett aus dem Stadtteil Landwasser zurück. Jetzt, wo mit der Baustelle Fakten geschaffen werden, haben sich auch die Gemüter wieder beruhigt.

Anders als bei der Planung in Weingarten gilt in Landwasser: Anwohner*innen werden nicht gefragt.

(die meike)