Freiburger Sicherheitspartnerschaft im Gemeinderat: Evaluation der Anti-Armen Polizei

Evaluation der Anti-Armen Polizei

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Der Freiburger Gemeinderat wird im Sitzungsmarathon an diesem Mittwoch auch die Evaluation der sogenannten Sicherheitspartnerschaft zur Kenntnis nehmen. Wahrscheinlich wird es so von niemanden gesagt werden, aber Hauptergebnis ist eigentlich, wie wir schon bei der Einführung berichtet haben: Beim kommunalen Vollzugsdienst, dem Hautpaspekt der sogenannten Sicherheitspartnerschaft, handelt es sich um eine "Armen Polizei" bzw. eine Polizei gegen Arme, die auch in der Stadtbevölkerung sehr unterschiedlich bewertet wird. Die angedachte Videoüberwachung wird indes von einer Mehrhgeit komplett abgelehnt.

Den Aspekt der Armenpolizei unterstreicht der Blick auf die Statistiken zu den Einsätzen des Vollzugsdienstes: So trafen im Jahr 2019 z.B. 23,88 Prozent der ausgesprochenen schriftlichen Verwarnungen Personen, die gezwungen sind zu betteln, 23,28 Prozent der schriftlichen Verwarnungen betrafen das Thema "Notdurft". Selbst wenn die Verrichtung der Notdurft im öffentlichen Raum zweifelsohne ein unschönes Phänomen ist, sind neben vielen Partygängern, wahrscheinlich auch einige Obdachlose unter denen, die kaum eine andere Wahl haben, als die Notdurft im öffentlichen Raum zu verrichten. Statt den Vollzugsdienst einzusetzen, wäre die Eröffnung von mehr öffentlichen Tolietten die sinnvollere Variante.

Die Evaluation der Sicherheitspartnerschaft ist durchaus nicht uninteressant. Zwar stimmten bei der Erhebung des Freiburger Instituts für angewandte Sozialwissenschaft 64 Prozent der Aussage "Der Vollzugsdienst (VD) trägt dazu bei, die Sicherheit in Freiburg zu erhöhen" zu, allerdings ist das Verhältnis bei der Aussage "Es wäre wichtiger, sich um die wirklichenProbleme in Freiburg zu kümmern als um Ordnungsstörungen." das Verhältnis 50 zu 50. Der Ruf des VD ist zweigeteilt (28% : 28%), allerdings nicht gefestigt, da mehr als 40% diese Frage nicht beantworten können. Ebenso ist die persönlicheKommunikationserfahrung mit dem VD in der befragten Bevölkerung zweigeteilt (48% pos.; 52% neg.) Festzuhalten ist jedoch auch, dass die Präsenz des VD bei ca. zwei Fünftel der Befragten ein Gefühl des Unbehagens hervorruft, v.a. bei jüngeren Menschen. Die JUPI Fraktion macht zudem in einer Pressemitteilung auf einen Aspekt der Evaluation aufmerksam, der die die Werte noch in ein anderes Licht rückt: „Befragt wurden fast ausschließlich Anwohnende an Plätzen, die schon lange mit Lärmkonflikten vorbelastet sind. Nutzer*innengruppen hingegen wurden nicht mit einbezogen. Damit erhält die Evaluation eine faktische Einseitigkeit“, bemängelt Fraktionsvorsitzender Sergio Schmidt.

Insgesamt werden in der Befragung nicht-polizeiliche, präventiv orientierte Maßnahmen am stärksten befürwortet. So erhalten die Maßnahmen "Gewaltprävention für Jugendliche, Ausbau des nächtlichen ÖPNV, Mehr Straßensozialarbeit und Ausbau nächtlicher Beleuchtung Zustimmungswerte von teilweise über 90 Prozent. Ob in der Konsequenz Geld beim Vollzugsdienst eingespart wird und stattdessen mehr Geld im sozialen Bereich investiert wird, ist äußerst fraglich. Bisher hat die Stadt ca. 1,8 Millionen Euro für den Kommunalen Ordnungsdienst ausgegeben. „Mit 1,8 Millionen Euro kann man im präventiven Bereich viel erreichen“ so Ramon Kathrein, Stadtrat der Jupi Fraktion, die Prävention statt Repression fordert. Ausführlich und kritisch mit der Freiburger "Sicherheitspolitik" auseinandergesetzt hat sich ein Zeitungskollektiv aus dem Umfeld des Arbeitskreises kritische Soziale Arbeit (aks), des Arbeitskreises kritischer Jurist*innen (akj), des Solidarity-City-Netzwerks (SC), des Recht auf Stadt-Netzwerks, des Bündnisses gegen neue Polizeigesetze (NoPolGBW) und des neu gegründeten Anwohner*innen-Vereins Stühlinger. Sie haben dem hema eine ganze Zeitung gewidmet. (FK)