Geheimbericht zum SWIFT-Abkommen: Trotz täglicher Datenübermittlung an USA erst einmal nützliches Instrument

Effektive Kontrolle? Europol hat 100% der Ersuche zum Datentransfer positiv bewertetIm Juli 2010 stimmte das Europäische Parlament im zweiten Anlauf für das sogenannte SWIFT-Abkommen mit den USA. Geregelt ist in dem Abkommen wann und wie Zahlungsverkehrsdaten an die Sicherheitsbehörden der USA übermittelt werden können. Anfragen müssen hierzu an die europäische Polizeibehörde Europol gestellt werden, die die Genehmigungen an SWIFT zum Transfer von Daten erteilt. Europol soll dann wiederum von den Ergebnissen der Auswertungen in den USA profitieren.
Heftige Kritik hatte es im Vorfeld des Abkommens insbesondere am mangelnden Datenschutz gegeben, weshalb im Februar 2010 eine erste Version vom Parlament abgelehnt worden war. Doch auch seit Inkrafttreten des Abkommens im August 2010 reißt die Kritik nicht ab. Im März 2012 hat nun die Gemeinsame Kontrollinstanz (GKI) von Europol einen Bericht zur Umsetzung des Abkommens veröffentlicht. Oder um genauer zu sein: Der Bericht ist geheim - großzügigerweise wurde aber für die Öffentlichkeit eine dreiseitige Erklärung veröffentlicht (PDF). Und schon diese hat es in sich! Zu entnehmen ist dieser, dass Europol bisher keine einzige Anfrage der USA abgelehnt hat; dass faktisch jeden Tag Daten transferiert werden, Europol aber keine Informationen zur Menge der transferierten Daten geben kann und dass die Begründungen von US-Anfragen einen nicht ausreichenden Informationsgehalt hätten. Zugleich sind die Ergebnisse mehr als dürftig: So gibt es laut der GKI Hinweise, die "darauf hindeuten, dass sich das Abkommen in einem bestimmten Fall als nützliches Instrument erwiesen hat."
Am 21. Juni wurde nun im Innenausschuss des Europäischen Parlaments über eben diesen Report debattiert (Video der Debatte). Hierzu sprach RDL mit Alexander Alvaro (FDP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Mitglied des Innenausschuss. In dem Interview erklärt er, dass der Report seine bisherigen Befürchtungen übeträfe; erläutert, warum sich das Parlament nicht dagegen wehrt, dass die Kommission offensichtlich auf seiner Nase herumtanzt und kritisiert die Untätigkeit der anderen Fraktionen.

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UPDATE 05.07.2012: Der Bericht ist noch immer geheim. Während der Debatte im Innenausschuss am 21.06.2012 hatte die Abgeordnete Sophie in 't Veld (ALDE) angekündigt, dass sie als Bürgerin einen Anspruch auf die Offenlegung des Prüfberichts habe und diesen notfalls auch juristisch durchsetzen wolle. Auf Anfrage von RDL hat sie dieses Ansinnen noch einmal bestätigt. Am 04.07. hat ihre Fraktion zudem eine offiziellen Anfrage zu dem Thema an die Kommission gestellt. RDL hat zudem auch den dt. Datenschutzbeauftragten um ein Interview gebeten. Dieses war aus "organisatorischen Gründen" nicht möglich. Eine Stellungnahme zum Prüfbericht der GKI wurde uns jedoch gemailt (Antwort hier).

Update 17.07.2012: Gegenüber RDL beteuert Jan-Philipp Albrecht (MdEP, Grüne), dass auch seine Fraktion eine Aussetzung des SWIFT Abkommen fordere. Zudem prüften die Grünen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das SWIFT-Abkommen (Nachricht mit O-Ton hier).

Update 08.11.2012: Mit einiger Verzögerung hat sich nun auch der Innenausschuss des Bundestages mit dem Thema beschäftigt. Einen Artikel zum Inhalt der Debatte gibt es bei Heise.

Geheimbericht zum SWIFT-Abkommen: Trotz täglicher Datenübermittlung an USA erst einmal nützliches Instrument

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Im Juli 2010 stimmte das Europäische Parlament im zweiten Anlauf für das sogenannte SWIFT-Abkommen mit den USA. Geregelt ist in dem Abkommen wann und wie Zahlungsverkehrsdaten an die Sicherheitsbehörden der USA übermittelt werden können. Anfragen müssen hierzu an die europäische Polizeibehörde Europol gestellt werden, die die Genehmigungen an SWIFT zum Transfer von Daten erteilt. Europol soll dann wiederum von den Ergebnissen der Auswertungen in den USA profitieren.
Heftige Kritik hatte es im Vorfeld des Abkommens insbesondere am mangelnden Datenschutz gegeben, weshalb im Februar 2010 eine erste Version vom Parlament abgelehnt worden war. Doch auch seit Inkrafttreten des Abkommens im August 2010 reißt die Kritik nicht ab. Im März 2012 hat nun die Gemeinsame Kontrollinstanz (GKI) von Europol einen Bericht zur Umsetzung des Abkommens veröffentlicht. Oder um genauer zu sein: Der Bericht ist geheim - großzügigerweise wurde aber für die Öffentlichkeit eine dreiseitige Erklärung veröffentlicht (PDF). Und schon diese hat es in sich! Zu entnehmen ist dieser, dass Europol bisher keine einzige Anfrage der USA abgelehnt hat; dass faktisch jeden Tag Daten transferiert werden, Europol aber keine Informationen zur Menge der transferierten Daten geben kann und dass die Begründungen von US-Anfragen einen nicht ausreichenden Informationsgehalt hätten. Zugleich sind die Ergebnisse mehr als dürftig: So gibt es laut der GKI Hinweise, die "darauf hindeuten, dass sich das Abkommen in einem bestimmten Fall als nützliches Instrument erwiesen hat."
Am 21. Juni wurde nun im Innenausschuss des Europäischen Parlaments über eben diesen Report debattiert (Video der Debatte). Hierzu sprach RDL mit Alexander Alvaro (FDP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Mitglied des Innenausschuss. In dem Interview erklärt er, dass der Report seine bisherigen Befürchtungen übeträfe; erläutert, warum sich das Parlament nicht dagegen wehrt, dass die Kommission offensichtlich auf seiner Nase herumtanzt und kritisiert die Untätigkeit der anderen Fraktionen.

UPDATE 05.07.2012: Der Bericht ist noch immer geheim. Während der Debatte im Innenausschuss am 21.06.2012 hatte die Abgeordnete Sophie in 't Veld (ALDE) angekündigt, dass sie als Bürgerin einen Anspruch auf die Offenlegung des Prüfberichts habe und diesen notfalls auch juristisch durchsetzen wolle. Auf Anfrage von RDL hat sie dieses Ansinnen noch einmal bestätigt. Am 04.07. hat ihre Fraktion zudem eine offiziellen Anfrage zu dem Thema an die Kommission gestellt. RDL hat zudem auch den dt. Datenschutzbeauftragten um ein Interview gebeten. Dieses war aus "organisatorischen Gründen" nicht möglich. Eine Stellungnahme zum Prüfbericht der GKI wurde uns jedoch gemailt (Antwort hier).

Update 17.07.2012: Gegenüber RDL beteuert Jan-Philipp Albrecht (MdEP, Grüne), dass auch seine Fraktion eine Aussetzung des SWIFT Abkommen fordere. Zudem prüften die Grünen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das SWIFT-Abkommen (Nachricht mit O-Ton hier).

Update 08.11.2012: Mit einiger Verzögerung hat sich nun auch der Innenausschuss des Bundestages mit dem Thema beschäftigt. Einen Artikel zum Inhalt der Debatte gibt es bei Heise.

Auskunft des dt. Datenschutzbeauftragten zum 2. Bericht der GKI.

Peter Schaar: "Meine Bedenken sind nicht ausgeräumt. Nach den Feststellungen der Gemeinsamen Kontrollinstanz Europols bestehen in vielen Bereichen noch Mängel. Das Ziel des Europäischen Parlaments, die Übermittlung von Daten zu reduzieren, wurde, soweit ich das beurteilen kann, nicht erreicht. Kommissarin Malmström hatte davon gesprochen, dass genau geprüft werden solle, welche Daten an die USA übermittelt werden. Dadurch ist der Eindruck entstanden, dass bei jedem übermittelten Datensatz geprüft werden soll. Dieser Eindruck scheint falsch zu sein. Den Konstruktionsfehler auch in der neuen Version des Abkommens sehe ich darin, dass Europol als Kontrollinstanz eingesetzt wird. Das Grundproblem ist, dass Europol hier in einem Rollenkonflikt ist: einerseits als Polizeibehörde, andererseits als Bewahrer des Datenschutzes. Sinnvoller wäre die Kontrolle durch eine unabhängige Institution. Nach der öffentlichen Stellungnahme der GKI besteht die Möglichkeit, dass es nicht möglich sein könnte, alle Schutzmaßnahmen des Abkommen zu erfüllen, um die Anzahl der übermittelten Daten zu reduzieren. Dann würden die Schutzkriterien nicht zu einer substantiellen Änderung der Datenmenge führen. Nirgendwo ist die Geheimhaltung so umfassend wie in diesem Programm. Man kann nicht einmal sagen, wie viele Daten übermittelt werden. Es gibt nicht einmal annähernd eine Größenordnung. Besonders kritisch sehe ich, dass nicht einmal die nationalen Parlamente oder das EU-Parlament diese Information haben. Sie müssen sich mit einer öffentlichen Stellungnahme der Gemeinsamen Kontrollinstanz Europols zu deren geheimen Kontrollbericht begnügen. Parlamente müssen aber den vollen Zugriff auf alle Fakten haben, um letztlich zu entscheiden, ob das Abkommen funktioniert und die europäischen Grundrechte wahrt. Die politische Kontrolle dieses insgesamt fragwürdigen Abkommens ist völlig unzureichend. Der Fortschritt liegt darin, dass Europol inzwischen genauere Begründungen für die Anfragen erhält. Die USA setzen ihre Forderungen mit viel Druck durch. Einzelne Sicherheitsbehörden in Europa sind auch interessiert, Daten zu erhalten. Auch manche europäischen Sicherheitspolitiker sind der Auffassung, dass die von den USA verfolgte Politik der umfassenden anlassunabhängigen Datenerfassung zur Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung richtig ist. Gerade aus der EU-Kommission kommen Vorschläge, vergleichbare Kontrollsysteme einzurichten. Frau Malmström sieht sich hier offenbar unter Handlungsdruck."