Internationale Studie: Mädchen sind weit selbstkritischer als Jungs

Internationale Studie: Mädchen sind weit selbstkritischer als Jungs

Eine in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Mädchen schulische Misserfolge weit eher als Jungs als Folge eines Mangels an Talent sehen. Im Rahmen der Pisa-Studie wurde im Jahr 2018 500 000 Schülerinnen und Schülern die Aussage „Wenn ich scheitere, fürchte ich, dass es daran liegt, dass ich nicht genügend Talent besitze“ vorgelegt. In 71 von 72 untersuchten Ländern neigten Mädchen dazu Misserfolge tatsächlich auf mangelndes Talent zurückzuführen. Welche anderen Schlüsse Jungs bevorzugten, wurde von der Studie nicht erfsst, da nur nach dem Grad der Übereinstimmung mit der Aussage gefragt wurde. Nur im Arabischen Königreich Saudi-Arabien gab es die Tendenz, dass Mädchen mehr an ihrem Talent zweifeln nicht. Die Tendenz korrelierte nicht mit einer tatsächlich schlechteren schulischen Leistung der Mädchen. Was festgestellt wurde, war eine deutliche Tendenz aber keine völlig verschiedene Reaktion auf den angegebenen Satz. Besonders groß war der Unterschied in den 34 OECD-Ländern. In diesen Ländern gaben 61 % der Mädchen an, dass sie bei einem Misserfolg an ihrem Talent zweifeln. Bei den Jungs waren es hingegen nur47 %. Es gibt also eine Differenz von 14 %. In den Ländern, die nicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, abgekürzt OECD angehören, ist der Unterschied zwar ebenfalls signifikant aber mit nur 7,4 % nur halb so groß. Das überrascht, denn die OECD wird eher von reichen Ländern des Nordens dominiert. Der größte Unterschied wurde übrigens in Dänemark festgestellt, gefolgt von Großbritannien und Finnland.

 

In der Studie wird ausdrücklich davor gewarnt, aus den Gender-Differenzen bei 15-jährigen Jugendlichen generalisierende Schlüsse abzuleiten. Trotzdem zeigt die Differenz zweifellos etwas an. Zumindest in dieser Altersgruppe existiert ein Unterschied beim Selbstvertrauen zwischen Mädchen und Jungs und Selbstvertrauen – wie berechtigt auch immer – ist ein Faktor beim Erfolg.

 

Erstaunlich ist der Umstand, dass Länder in denen Frauen gesellschaftlich besser gestellt sind, wie etwa in Dänemark verglichen mit Saudi Arabien, in der Studie keineswegs besser dastehen. Der Co-Autor der Studie, Thomas Breda vermutet, dass das daran liegt, dass wenn Länder sich entwickeln, die Geschlechternormen nicht verschwinden, sondern nur neu konfiguriert werden. Wenn Gesellschaften sich stärker emanzipatorisch entwickeln würden, würden die individuelle Leistung und das Talent stärker in den Vordergrund rücken. Mit anderen Worten: Die Studie könnte nebenher auch die Bedeutung messen, die dem Talent als Erfolgsfaktor in verschiedenen Gesellschaften zugemessen wird. Seine Empfehlung lautet, sich von der „Rhetorik des reinen Talents“ zu verabschieden. Der Erfolg komme durch Lernen mit Erfolgen und mit Irrtümern.