Kundgebung in Solidarität mit der Revolution im Iran in Freiburg

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Kundgebung in Solidarität mit der Revolution im Iran in Freiburg

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Auf dem Kartoffelmarkt stehen Menschen, von denen jeweils ein Auge mit blutigem Pflaster zugeklebt ist. Ein Mensch links hält eine Iran-Fahne, daneben ein Mensch mit Schildern in der Hand. Die weiteren haben Plastiklaschen als Rasseln in der Hand.
Demonstrierende in Freiburg äußern weiterhin ihre Solidarität mit der Revolution im Iran
Lizenz: 
Keine (all rights reserved)
Quelle: 
JR Photography / RDL

Am 1. April 2023, fand auf dem Kartoffelmarkt in Freiburg, eine Kundgebung in Solidarität mit der seit Monaten andauernden Revolution im Iran statt. Dabei wurden Forderungen die diplomatischen Beziehungen Deutschlands zur Islamischen Republik zu kappen, die iranischen Botschaften zu schließen, sowie die Iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen wurden bekräftigt.

In Parolen, die perfomativ dargeboten wurden, Musik und Ansagen wurden die Anliegen der Demonstration an das Publikum gebracht. 2:00

Henric von der Freiburger Linkspartei hielt eine Rede, in die wir an dieser Stelle dokumentieren. 6:13


Ich heiße Henric und ich spreche heute hier für die LINKE

Unter dem medialen Rauschen der katastrophalen Ergebnisse der sogenannten Koaltionsgespräche ist ein Ereignis untergegangen - und das ist eine Katastrophe.

Ich will vorne anfangen: Dieses Land hat schon immer ein Problem mit strukturellem und institutionellen Rassismus. Die Liste der Beispiele, mit denen man diese Tatsache belegen kann, ist so lang, dass ich viele Tage hier stünde, wenn ich sie alle aufzählen wollte.

Zu diesen Strukturen des institutionalisierten Rassismus gehören die sogenannten Flughafenverfahren. Dieses, von dem damaligen Bundesinnenminister Kanther im Asylrecht eingeführte Schnellverfahren gehört zu seinen übelsten Ausdrucksformen.

Was sind Flughafenverfahren und warum erzähle ich das hier:
Um es ganz kurz zu erklären:
Menschen auf der Flucht, die mit dem Flugzeug einreisen und aus so genannten »sicheren Herkunftsländern« stammen oder ohne / mit gefälschten Papieren einreisen, gibt es das so genannte Flughafenverfahren. Die Betroffenen müssen dann direkt am Flughafen in einer geschlossenen Einrichtung verbleiben und werden dort einem beschleunigten Asylverfahren mit verkürzten Rechtsfristen unterworfen. Um das zu ermöglichen,behauptet der deutsche Staat einfach, sie seien nicht eingereist - was natürlich völliger Blödsinn ist. Das sogenannte Flughafenverfahren dauert aufgrund verschiedener Regelungen maximal 23 Tage.
Die Betroffenen sind in dieser Zeit in Haft, Rechtsbeistand ist nur äußerst eingeschränkt möglich. Diese Praxis existiert jetzt schon seit 1993, seitdem wurden schon hunderte Menschen in diesem Schnellverfahren abgewiesen.

Zu den aktuellen Opfern dieser Praxis gehörten in den letzten zehn Tagen zwei Personen , deren Schicksal besonders hervorstechen.

Triggerwarnung

Zuerst traf es einen Mann aus dem Iran, der ohne Papiere einreisen wollte. Das deutsche Grenzregime hat diese Person ohne viel Federlesen als angeblich „offensichtlich unbegründet“
wieder in das nächste Flugzeug in den Iran eskortiert.

Der Zweite Fall ist noch zynischer und betraf eine Frau, die ebenfalls ohne gültige Papiere im Frankfurter Flughafen ankam. Sie gab zunächst an aus dem Iran zu stammen, im Rahmen des Verfahrens wurde aber deutlich, dass die betroffene Person aus Afghanistan vor einer Zwangsheirat zu ihrem Bruder nach Deutschland floh.

Für jedem halbwegs normal denkendem Menschen wäre jetzt die Lage klar gewesen, und die von Gewalt bedrohte Frau wäre jetzt bei ihrem Bruder in Hamburg.

Nicht so für die Beamten am Frankfurter Flughafen!

Die Frau wurde, trotz Rechtsanwalt und obwohl der Bruder selbst sich auf jede nur mögliche Art und Weise für seine Schwester einsetzte , einfach in den nächsten Flieger in den Iran gesetzt und von dort aus nach Afghanistan abgeschoben.

DAS ist ein riesiger Skandal!

Und es ist so typisch für diese Gesellschaft, dass es nur eine Handvoll Menschen interessiert.

Es sind übrigens noch weitere Menschen aus dem Iran in dem Frankfurter Flughafenknast, darunter zumindest noch eine Mutter mit ihrem Kind. Das berichtet jedenfalls Pro Asyl Frankfurt.

Diesem Verfahren fielen übrigens laut einer Anfrage der Linksfraktion im Jahr 2022 noch 12 weitere Iraner*innen zum Opfer - über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Vor diesem Hintergrund kann die Entscheidung der Innenministerkonferenz vom November letzten Jahres, Iraner*innen nicht mehr abzuschieben, nur als zynischer Hohn bezeichnet werden.

Ich bin so unendlich wütend, dass es mir fast die Sprache verschlägt.

Aber, diese Wut ist gut, denn sie treibt uns alle voran.

Wir werden weiterhin genau das tun, was wir auch die letzten Wochen und Monate getan haben. Dazu gehört die Täter*innen zu benennen und den von der Gewalt Betroffenen einen Namen und eine Stimme zu geben.

Nancy Faeser ist als verantwortliche Innenministerin Täterin!

Peter Beuth ist als verantwortlicher Innenminister Täter!

Und - in einer besseren Welt, müssten diese beiden Verantwortlichen zumindest zurücktreten.

Und mich würde sehr interessieren, wie denn die Freiburger SPD zu dem Treiben der Bundesinnenministerin steht - ob es da zumindest ein kleines bisschen Scham über diese Vorfälle gibt?

Im Zeitalter von Twitter, Telegram und Insta ist heute nicht mehr das Problem, dass die Taten und die Täter*innen unbekannt sind. Die Bilder sind in sekundenschnelle um die Welt verbreitet.

Unsere Aufgabe hat sich aber dadurch nicht verändert. Schnell scrollt, swipt und wischt man sich durch die Liste der aktuellen Horrormeldungen, in dem dunklen Rauschen des Schreckens wird alles eins. Die von Gewalt Betroffenen verlieren ihre Identität.

Deswegen stehen wir hier, wir schaffen Öffentlichkeit, wir konfrontieren die Menschen in dieser Stadt, wir verhindern, das Vergessen wird, was im Iran passiert und was an deutschen und europäischen Außengrenzen mit Menschen auf der Flucht passiert.

Während die mediale Aufmerksamkeit schon lang wieder weitergezogen ist, Zeitungen und Online-Portale schon längst beim nächsten Skandal sind, erinnern wir an die Verhafteten, an die vergewaltigten Frauen, und vor allem an die Todesurteile, seien es die, die von iranischen Gerichten verkündet werden, seien es die, die das deutsche Asylverfahren zu verantworten hat.

Aber lasst uns weiter gemeinsam für eine Welt kämpfen, in der Täter*innen zur Verantwortung gezogen werden, lasst uns gemeinsam weiter für eine Welt kämpfen, in der der Frauen nicht mehr unter männlicher Gewalt leiden müssen, lasst uns gemeinsam, jeden Tag, Schritt für Schritt den Weg für mehr Freiheit und mehr Gerechtigkeit gehen.