Nach verlorener Kommunalwahl schlägt Erdogan zurück

Nach verlorener Kommunalwahl schlägt Erdogan zurück

Nur zwei Monate nach einer Kommunalwahl, in der Erdogans AKP erstmals seit über zwei Jahrzehnten landesweit von einer Oppositionspartei überholt wurde, beginnt Erdogans Regierung die Ergebnisse in altbekannter Weise zu revidieren. Wie gewohnt trifft es zuerst den Vertreter einer prokurdischen Partei. Der frisch gewählte Co-Bürgermeister von Hakkâri Mehmet Siddi Akis wurde auf Weisung des Innenministeriums abgesetzt und festgenommen. Der Gouverneur hat einen Verwalter bestimmt, der an seiner Stelle die Geschäfte des Bürgermeisters übernehmen wird. Als Grund gibt das Innenministerium ein Verfahren wegen PKK-Mitgliedschaft an, das gegen Akis läuft. Das Verfahren wurde vor 10 Jahren eröffnet ohne bisher zu einer Verurteilung geführt zu haben. Nun hat man sich plötzlich daran erinnert.

 

Das Sahnehäubchen auf der Sache ist, dass der Staatsanwalt D. Y., der vor 10 Jahren das Verfahren gegen Akis einleitete, mittlerweile selbst auf der Liste der gesuchten Terroristen steht. D. Y. gehört zu einer Gruppe von Staatsanwälten, denen vorgeworfen wird, im Auftrag des in den USA lebenden Sektenführers Fethullah Gülen falsche Anklagen fabriziert zu haben. Gülen war ursprünglich ein Verbündeter Erdogans und half ihm, Gegner mit juristischen Mitteln aus dem Weg zu räumen. Später wurden Erdogan und Gülen erbitterte Feinde und Gülens Leute sollen im Jahr 2016 sogar versucht haben, einen Militärputsch gegen Erdogan zu inszenieren.

 

Hakkâri ist eine hauptsächlich von Kurdinnen bewohnte Stadt mit etwa 60 000 Einwohnern, die zwischen hohen Bergen weit im Osten der Türkei, nahe der Grenze zum Irak liegt. Auch nach früheren Wahlen wurden unter verschiedenen Vorwänden, hauptsächlich Terrorismusvergehen nach der weiten Auslegung des türkischen Strafgesetzbuches, zahlreiche Bürgermeister*innen abgesetzt und durch Verwalter ersetzt. Normalerweise trifft es Kurd*innen, aber auch die Anhänger nichtkurdischer Parteien sind davor nicht völlig sicher. Aus der Opposition wurde die Absetzung von Akis heftig kritisiert.

jk