Türkei lässt Schriftsteller Dogan Akhanli in Spanien verhaften - leider kein Einzelfall

Türkei lässt Schriftsteller Dogan Akhanli in Spanien verhaften - leider kein Einzelfall

Während er in Granada Urlaub machen wollte, wurde der Schriftsteller Doğan Akhanlı (do-an ak-han-li) aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen. Doğan Akhanlı lebt seit Anfang der 90-ziger Jahre in Köln. In seinen Romanen hat sich Akhanli neben anderen Themen mit dem Völkermord an den Armeniern ("Die Richter des jüngsten Gerichts") und dem Untergang des jüdischen Flüchtlingsschiffes Struma ("Der letzte Traum der Madonna"; siehe auch den Link unten) auseinandergesetzt. Nachdem Akhanli 1975 mit 18 Jahren beim Kauf einer linken Zeitschrift das erste mal festgenommen worden war, war Akhanli in der türkischen Linken aktiv. Nach dem Militärputsch 1980 tauchte Akhanli unter. Später war er zwei Jahre in einem Militärgefängnis in Istanbul inhaftiert als einer von zehntausenden politischen Gefangenen in dieser Zeit. Im August 2010 wurde Akhanli bei der Einreise in die Türkei verhaftet. Man warf ihm vor, 1989 einen Banküberfall begangen zu haben. Zur Verhandlung reisten viele Freunde Akhanlis an, darunter der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, der damals in der Türkei wegen seiner Recherchen zur Situation türkische ArbeitnehmerInnen in Deutschland sehr geschätzt wurde. Akhanli wurde nach einigen Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen. Nachdem zwei Zeugen ausgesagt hatten, dass sie ihre belastenden Aussagen unter Zwang gemacht hätten, sprach das Gericht Akhanli frei.

Zwei Jahre später hob ein anderes Gericht jedoch den Freispruch auf. Der darauf erlassene Haftbefehl dürfte nun der Grund für die neuerliche Verhaftung gewesen sein. Es ist aber mit Händen zu greifen, dass die Verfolgung von Akhanli politisch motiviert ist. Jedenfalls kann er in der Türkei nicht auf  ein faires Verfahren durch unabhängige Richter rechnen.

Akhanli besitzt ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist ein Mitglied des internationalen PEN Clubs. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel will sich für ihn bei den spanischen Behörden einsetzen, um seine Auslieferung an die Türkei zu verhindern.

Seit anderthalb Wochen sitzt in Spanien auch der schwedische Schriftsteller Hamza Yalcin (hamsa jal-dschin) wegen eines türkischen Haftbefehls in Auslieferungshaft. Ihm wird nach Angaben in spanischen Medien "Beleidigung des Präsidenten" und Mitgliedschaft in einer linken Terrororganisation vorgeworfen. Auch die große Mehrzahl der derzeit über 150 in der Türkei inhaftierten Journalistinnen und Journalisten, ist wegen irgendetwas mit Terrorismus im Gefängnis.

Dies sind leider nur zwei Fälle von vielen, in denen es autoritären Regimen gelingt, mit Hilfe von Interpol politische Dissidenten/innen oder auch deren Familienmitglieder im Ausland inhaftieren zu lassen, selbst wenn sie in einem anderen Land längst Asyl bekommen haben. 

 

Zur Arbeit von Interpol:

https://rdl.de/beitrag/interpol-ist-sehr-bequem-f-r-diktatoren

Zum gewollten Untergang des jüdischen Flüchtlingsschiffes Struma (Winter 1942) ein Gespräch mit einem der letzten Augenzeugen:

https://rdl.de/beitrag/sie-wollen-dass-es-vergessen-wird-der-untergang-d...