Wir haben darüber berichtet, die Stadtbau plant zwei ähnlich aussehende Wiesendreiecke in Weingarten mit acht-stöckigen Häusern zu bebauen. In der Sulzburger Straße soll Baubeginn im Frühjahr 2025 sein. Am Auggener Weg soll Ende 2025 mit der Bebauung begonnen werden. Diese Information gab die Stadtbau am 28.10. bei einer Infoveranstaltung für die AnwohnerInnen im Auggener Weg. Wir waren für Euch dabei.
Im gut gefüllten Haus Weingarten waren insbesondere Bewohner:innen der Sinti-Siedlung anwesend, aber auch auch BewohnerInnen der Reihenhäuser in der Katharina-von-Bora-Straße und einzelne MieterInnen der Vonovia Häuser im Auggener Weg. Einig waren sich ganz offensichtlich alle Anwesenden in der Ablehnung des Bauprojektes, mit Ausnahme der FSB VertreterInnen und von Stadtrat Ludwieg Striet (SPD). Die FSB plant im Auggener Weg 40 Wohnungen zu errichten, die dann an Unternehmen verkauft und als Betriebswohnungen an die jeweiligen Mitarbeiter:innen vermieten werden sollen. Weil Fördermittel vom Bund in Anspruch genommen werden, gäbe es die Auflage, dass die Miete 1/3 unter dem Mietspiegel liegt. Gegenüber RDL erklärte Stadtbau Geschäftsführerin Magdalena Szablewska, dass die prognostizierten Baukosten momentan zwischen 4,5 Tausend und 5 Tausend Euro pro qm lägen.
Coralla Reinhardt vom Sintiverein stellte als Vertreterin der Sinti die zentrale Frage an die Stadtbau GeschäftsführerInnen Magdalena Szablewska und Matthias Müller, die die anwesenden Sinti bewegte. „Warum wurde die Sinti-Minderheit nicht einbezogen?“ Die Antwort von Magdalena Szablewska, es handele sich um ein unabhängiges Projekt überzeugte die Anwesenden, wenig überraschend, nicht. Das acht-stöckige Haus wäre nur wenige Meter von den gegenüberliegenden Häusern der Sinti entfernt. Als weiteres zentrales Problem sprach Reinhardt das Parkplatzproblem an. Die Grünfläche wird von einigen als Parkplatz für ihre Wägen und Lieferwägen genutzt, für die ansonsten kein adäquater Abstellplatz existiert. Der Neubau soll eine Tiefgarage mit 30 Stellplätzen für die 40 Wohnungen beinhalten, was bei den Sinti die Befürchtung einer weiteren Verschärfung der Parkproblematik rund um den Auggener Weg aufkommen ließ. Dass die Einfahrt zur Tiefgarage im Auggener Weg liegen soll, sorgte zudem dafür, dass massive Ängste um die Sicherheit der spielenden Kinder geäußert wurden. Seit Jahrzehnten wolle man, dass die Stadt eine Spielstraße im Auggener Weg einrichte.
Mehrmals wurde kritisiert, dass Geld für ein solchen Neubau da sei, aber kein Geld für die Sinti-Siedlung. Ein Vorwurf, der beim Blick auf den Zustand der Häuser der Sinti-Siedlung am Eingang des Auggener Wegs verständlich ist. „Bei uns hat jeder Zweite Asthma“, so ein Zwischenruf aus dem Publikum. Dafür seien die Holz bzw. Kohleöfen verantwortlich. Dass solche Öfen insbeondere durch den freigesetzten Feinstaub mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind, belegen verschiedene Studien. (vgl. Meldung beim Bundesumweltamt)
Wie schon bei anderen Veranstaltungen wurde im Haus Weingarten großer Unmut darüber geäußert, dass man immer wieder in Weingarten baue und die Infrastruktur nicht mitwachse. Stadtbau Geschäftsführer Matthias Müller erklärte daraufhin, man würde überall nachverdichten, z.B. auch im sogenannten Behördenareal. Wenn man immer nur die unmittelbar Betroffenen frage, könnte man überhaupt kein Bauprojekt realisieren, so Müller.
Die Wut im Saal schaffte er natürlich so nicht, zu reduzieren. „Unsere Schule, unser Kindergarten, unser Jugendzentrum wurden uns genommen“, erklärte eine Zuhörerin und kritisierte den Verlust von Infrastruktur. Im Haus Weingarten sind schon lange weitere Stockwerke aufgrund des baufälligen Zustands nicht nutzbar. „Wir sind am verzweifeln in Weingarten“. Hier ist gar nichts in Weingarten“, so weitere Stimmen, die sich u.a. auch auf die mangelnde Gastronomie bezogen.
Auch eine Bewohnerin der Vonovia Häuser meldete sich zu Wort und erklärte, dass sie alle nach zwei Jahren Baustelle in ihren Häusern, eine weitere Baustelle vor dem Haus nicht aushalten würden.
Gerade aus der Sinti-Community wurde auch der Wegfall der Privatsphäre thematisiert, die der Neubau in unmittelbarer Entfernung zu den eigenen Häusern mit sich bringen würde. Die Ankündigung von Magdalena Szablewska, man wolle die genannten Punkte alle mit nehmen führte im Publikum zur sarkastischen Äußerung, „wir nehmen ihr Gebäude auch mit.“ Jemand stellte die Frage: „Nimmt uns irgendjemand hier ernst?“ Gerade die Bestätigung der Stadtbau Geschäftsführung, dass das Projekt letztlich schon beschlossene Sache sei, sorgte für große Wut. „Wir lassen das nicht zu.“ Nach der hitzigen Veranstaltung haben wir mit Stadtbau Geschäftsführerin Magdalena Szablewska und Coralla Reinhardt vom Sintiverein gesprochen. Zunächst hören wir einen Bewohner der Sintisiedlung am Auggener Weg. (FK)