Ein Vermächtnis das bleibt – Rückblick auf die sozialen Proteste

Ein Vermächtnis das bleibt – Rückblick auf die sozialen Proteste

Rosilene Wansetto der Nationalen WM-Basiskomitees, Ancop wagt ein resümee der proteste, die während des vergangenen monats die straßen der brasilianischen städte blockierten:

„Die Ancop hat sich 2010 organisiert um die Auswirkungen von Großereignissen wie WM und Olypiade in Brasilien zu beobachten. In diesem Zeitraum sehen wir ein Anwachsen der Demonstrationen, vor allem 2013 und 14. Mit Beginn der Spiele gingen die Proteste wie erwartet wieder zurück – aber die Gemeinden, die wirklich von den Bauarbeiten betroffen waren, die haben weitergemacht, auch wenn es nur kleine und sehr unterschiedliche Versammlungen waren. Was sie anprangerten, war auch die Polizeigewalt, die sich seit dem letzten Jahr intensiviert hat. Außerdem nahm Willkür und Brutalität der Staatsgewalt bei den Demonstrationen zu. Deswegen haben wir nach kreativeren Protestformen gesucht, die unsere Forderungen besser sichtbar machen können – ohne unbedingt auf der Straße zu demonstrieren. So haben wir hier in São Paulo z.b. angefangen, Straßenfußball zu spielen und Filme zu zeigen.“

„In einigen Städten waren die Bewegungen auf der Straße sehr viel stärker als in anderen – Porto Alegre, São Paulo, Rio, Fortaleza, Brasília, Belo Horizonte sind die Städte, wo die Leute seit dem Eröffnungsspiel am 16. Juni bis zum Finale vergangenen Sonntag auf den Straßen waren. An den restlichen sechs Austragungsorten wurden auch kontinuierlich Leute mobilisiert, obwohl es nicht mehr die Massen waren. Sie fanden aber andere, individuelle und kreative Aktionsformen, in jeder Stadt eine eigene Ausdrucksweise“

„Wir müssen die Realitäten der verschiedenen Orte berücksichtigen, und die Auswirkungen, die jede einzelne Gemeinschaft im Vorfeld der MännerWM hat hinnehmen müssen. Die sind überall ein wenig anders. Das bedeutet, die Protestweise ist auch anders. Nehmen wir z.B. Porto Alegre – neben dem Bau des Stadions gab es Enteignungen, Räumungen, Verletzungen des Rechts auf Wohnen. Es gibt eine große Anzahl an Leuten, die von den Bauarbeiten der MännerWM betroffen sind – genauso wie hier in São Paulo und in Rio de Janeiro. In Manaus, Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas, gab es keine Räumungen. Das heißt nicht, daß es dort keinen Widerstand, keine Proteste oder Demonstrationen gab... Die Zahl der Geräumten beläuft sich landesweit auf 250.000 und nur weil die WM jetzt vorbei ist, heißt das nicht, daß auch der Bau dieser Prestigeobjekte vorbei sei – deswegen gehen auch die Proteste weiter. Die WM war gut, um Menschenrechtsverletzungen und unsere Forderungen sichtbar zu machen. Der Kampf geht weiter – auch mit Blick auf die Olympiade 2016 in Rio de Janeiro.“

„Ich glaube, die WMwar ein Anlaß, um die Probleme, mit der es die brasilianische Gesellschaft zu tun hat, sichtbar zu machen. Das sind keine speziellen WM-Probleme – sie haben sich mit diesem Ereignis nur verstärkt: Das Recht auf Stadt, Freizügigkeit, Versammlungsfreiheit, Recht auf Wohnen... Ambulante Verkäufer_innen, Straßenverkäufer_innen leiden permanent an dem Druck von oben und können ihre Arbeit nicht in Würde ausüben. Aber was uns freut zu sehen, ist: Es gibt ein Vermächtnis, das wir weitergeben. Unser Kampf, die Aktionen, die die Ancop organisiert hat, haben die Probleme in der brasilianischen Gesellschaft für andere sichtbar gemacht. Die Ausgaben, die für Stadien, das FIFAFanFest und andere Veranstaltungsorte gemacht wurden, stammen überwiegend aus öffentlichen Geldern. Das ist eine Anklage, die wir öffentlich gemacht haben. Das hat einen Großteil der Gesellschaft sozusagen auf unsere Seite gezogen – das ist das große Vermächtnis, das diese große Mobilisierung der MännerWM 2014 hinterläßt.“