Polen: Gesetz behauptet polnische Unschuld während der Shoah

Gesetz behauptet polnische Unschuld während der Shoah

In Polen hat das Parlament am Freitag ein umstrittenes Gesetz zum Umgang mit der Shoah verabschiedet. Demnach soll es künftig strafbar sein, Polen eine Mitschuld an der Shoah zu geben und von "polnischen Konzentrationslagern" zu sprechen. Das neue polnische Gesetz wurde just am Vorabend des "Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ verabschiedet. Die Regelung war aber schon ein Wahlkampfversprechen der konservativ-nationalistischen polnischen Regierung und bereits 2016 von der Regierung beschlossen worden.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf den bei Politikern und Medienberichten gelegentlich wiederkehrenden Ausdruck "polnische Konzentrationslager", wobei sie damit die Konzentrationslager meinen, die die Nazis auf polnischem Boden errichteten. Für die Verwendung dieses Ausdrucks droht nun in Polen eine Geldstrafe oder drei Jahre Haft. In den meisten Fällen jedoch kommt dieser irreführende Ausdruck nicht in Polen vor und ist eher eine ungeschickte Formulierung als eine bewusste Anschuldigung gegen Polen. Deswegen hielt die "Neue Zürcher Zeitung" schon 2016 das neue Gesetz für strafrechtlich unwirksam und für reine Symbolpolitik.

Allerdings sehen Kritikerinnen hinter dieser Strafverschärfung die Absicht der polnischen Regierung, die Mittäterschaft von Teilen der polnischen Bevölkerung während der Nazi-Besatzung totzuschweigen. Deswegen ist es seit dem Wochenende zu diplomatischen Spannungen zwischen Polen und Israel gekommen. Der Vollständigkeit halber muss man immerhin feststellen, dass der polnische Gesetzgeber Kunst und Wissenschaft von den Strafen ausgenommen hat.

Das neue polnische Gesetz wird jedoch sicherlich erstmals dazu geführt haben, dass weltweit soviele Nachrichten wie noch nie die tatsächlich irreführende Bezeichnung "polnische Konzentrationslager" enthalten.

(mc)