Streit um Holocaust-Gesetz: Polnische Regierung lädt israelischen Minister aus

Streit um Holocaust-Gesetz: Polnische Regierung lädt israelischen Minister aus

Die polnische Regierung hat am Montag den Besuch des israelischen Erziehungsministers Naftali Bennett abgesagt. Bennett wollte am Mittwoch mit einem Vertreter der Regierung und Studenten über das umstrittene Holocaust-Gesetz Reden. Begründet hatte die Regierung die Initiative zu dem Gesetz mit der falschen Bezeichnung „polnische Lager“. Dieser Ausdruck wird angeblich häufig für die Vernichtungslager gebraucht, die die deutschen Besatzer auf polnischem Boden im 2. Weltkrieg errichtet haben. KritikerInnen sehen aber in dem Gesetz vor allem die Möglichkeit, Äußerungen zum Antisemistismus in Polen und der Beteiligung von Polinnen und Polen an der Judenverfolgung der Nazis generell unter Strafe zu stellen. Der Ausdruck „polnische Lager“, um den es der Regierung angeblich geht, wird im Gesetz gar nicht erwähnt. Stattdessen heißt es:

"Jeder, der öffentlich der polnischen Nation oder dem polnischen Staat faktenwidrig die Verantwortung oder Mitverantwortung für Verbrechen zuschreibt, die durch das Dritte Deutsche Reich begangen wurden, unterliegt einem Bußgeld oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Dies gilt ebenso für die Zuschreibung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Frieden sowie für Kriegsverbrechen."

Bennett reagierte empört auf die Absage: „Die polnische Regierung hat meinen Besuch abgesagt, weil ich die Verbrechen ihres Volkes erwähnt habe“, sagte Bennett. Die Todeslager seien zwar von Deutschen errichtet worden, aber viele Polen hätten sich, so Bennett „an der Verfolgung, Denunzierung oder aktiv am Mord an mehr als 200.000 Juden beteiligt, während und nach dem Holocaust."

Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz bezeichnete die israelische Kritik am Montag als die Folge eines „Missverständnisses“. Es gebe „ein Problem der Interpretation, der Überinterpretation“. Darüber hätte man mit Bennett natürlich auch in aller Ruhe in Warschau reden können.

Um in Kraft zu treten muss das bereits vom Parlament verabschiedete Gesetz nur noch vom Präsidenten unterschrieben werden.

Polen hat nicht nur eine lange Tradition von Antisemitismus, es ist auch das Land mit der größten Anzahl von Menschen, die in der israelischen Gedenkstätte Jad Vashem als Retter vor dem Holocaust anerkannt werden.