Große Koalition verkauft Sondierungsergebnisse für SPD-Basis: wenig Soziales, keine Fortschritte im Asylrecht

Große Koalition verkauft Sondierungsergebnisse für SPD-Basis: wenig Soziales, keine Fortschritte im Asylrecht

Nach dem Ende der Sondierungsgespräche am Freitag versuchen die Spitzen von Unionsparteien und SPD, deren Ergebnisse zu verkaufen. Besonders die SPD-Spitze muss die Sondierungsergebnisse ihrer Parteibasis verkaufen, denn Letztere wird über den Beginn von richtigen Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU entscheiden. Teile der Parteibasis und insbesondere die Mehrheit der Jugendorganisation Jusos sind von den Sondierungsergebnissen enttäuscht und stemmen sich gegen eine Neuauflage der Grossen Koalition.

Kurz nach Ende der Sondierungsgespräche begannen Medienhäuser und Twitter-Nutzer, auf Teile der Sondierungsergebnisse aufmerksam zu machen. Dabei fällt auf, dass wenig Soziales erreicht wurde, obwohl die SPD als letzter übriggebliebener möglicher Koalitionspartner der Unionsparteien hart hätte verhandeln können. Lediglich eine Erhöhung des Kindergelds wird angepeilt. Die Bürgerversicherung, die die SPD im Vorfeld der Sondierungsgespräche vielfach erwähnte, steht nicht in den Ergebnissen. Somit wird weiterhin eine Zweiklassenmedizin zwischen Privatpatienten und gesetzlich Versicherten bestehen.

Im Bereich der Flüchtlingspolitik haben sich die Unterhändlerinnen von Union und SPD auf weitere Verschärfungen geeinigt. Der Familiennachzug für Menschen mit dem eingeschränkten Schutzstatus des subsidiären Schutzes soll weiter ausgesetzt bleiben. Seitdem der Familiennachzug für diese Kategorie von Flüchtlingen ausegesetzt wird, hat Pro Asyl festgestellt, dass besonders Syrer diesen eingeschränkten Status statt des echten Flüchtlingsstatus erhalten. Sprich: Trotz des anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien wollen Union und SPD nicht, dass hierhergeflohene Syrer ihre Familie in Sicherheit bringen.

Die Sondierer hatten sich ausserdem zunächst auf mehr Bevormundung, Kontrolle und Segregation für Asylbewerberinnen geeinigt. Sie sollten bis zur Entscheidung über ihre Asylverfahren systematisch in Lager eingepferscht werden. Dort sollten sie Sachleistungen statt ihres Gegenwerts in Euro erhalten. Ausserdem sollte dort Residenzpflicht herrschen, sprich eine räumlich eingeschränkte Bewegungsfreiheit für Asylbewerber. Nach der Vorstellung des ersten Sondierungspapiers machten Medien auf diesen Abschnitt aufmerksam und es gab Protest innerhalb der SPD. Erst daraufhin intervenierte wohl Martin Schulz bei Angela Merkel und Horst Seehofer, um diesen Abschnitt, den die SPD zunächst akzeptiert hatte, zu streichen.

(mc)