Frankreich: Humanitäre und flüchtlingssolidarische Organisationen zeigen Unmut über Migrationspolitik der macronischen Regierung

Humanitäre und flüchtlingssolidarische Organisationen zeigen Unmut über Migrationspolitik der macronischen Regierung

Präsident Macron ist im Munde vieler deutschen Politiker und Journalistinnen gleichbedeutend wie "uneingeschränkt pro-europäisch", "liberal", "guter Reformer" und allgemein ein guter Partner und Beispiel.

Macron pflegt das Image eines jungen und dynamischen Staatschefs, der den Mut hat, die notwendigen wenn auch unbeliebten Reformen umzusetzen, die seine Vorgänger aus Angst hinausschoben. Um diesem dynamischen Image zu entsprechen, handelt er und seine Regierung oft in einem Stil, das von Teilen der französischen Presse als monarchistisch bezeichnet wird, sprich mit einem ausgesprochenen Hierarchieprinzip in Partei und Regierung, und mit Alleingängen der Regierung, selbst wenn es um Gesetzesänderungen geht. Der deutlichste Beispiel dafür sind die sogenannten "Ordonnances Macron", also die Arbeitsrechtsreformen, die zunächst von der Regierung als fertiges Paket beschlossen wurden, und anschließend vom Parlament ohne größere Änderung durchgewunken wurden. Erst mit der Regierung Tatsachen schaffen, dann entsprechende Gesetze verabschieden lassen.

Diese Regierungspraxis schlägt sich auch in anderen Bereichen nieder, etwa in der Migrations- und Flüchtlingspolitik. Seit Dezember sorgt ein Rundschreiben des Innenministers über den Umgang mit Ausländerinnen für scharfe Kritik durch diverse Organisationen der Zivilgesellschaft und selbst beim französischen Bürgerbeauftragten. Es gab Kritik durch flüchtlingssolidarische Organisationen, die im Asylrecht tätig sind, bis hin zu humanitären Organisationen, die eher im medizinischen Bereich tätig sind.

Der Innenminister hatte ein Rundschreiben an die Präfekten geschrieben, also an die Vertreterinnen des Staates in den jeweiligen Regionen und Départements, in dem er sie dazu aufforderte, Ausländer zu registrieren, die in Notunterkünften für Obdachlose untergebracht werden. Sie sollten identifizieren, wer von ihnen keinen gültigen Aufenthaltsstatus hat und diese Personen dann von den Notunterkünften ausschließen. Das verstößt gegen das französische Recht, was besagt, dass jede bedürftige Person das Recht auf eine Notunterkunft hat, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus (so die Kritik zahlreicher Organisationen, der sich der französische Bürgerbeauftragte anschloss).

Auch eine geplante Reform des Ausländer- und Asylrechts sorgt für Misstrauen und Kritik. Der Premierminister hat für den morgigen Donnerstag diejenigen Organisationen zu Beratungen über dieses neue Gesetz eingeladen, die sich für Flüchtlinge und Migrantinnen einsetzen. Am gestrigen Dienstag hat der Verein Gisti, der Rechtshilfe für Ausländerinnen anbietet, diese Einladung abgelehnt. In einem offenen Brief begründet der Gisti diese Ablehnung zum einen damit, die aktuellen Vorhaben der französischen Regierung gingen nicht in der falschen Richtung, und zum anderen damit, die Regierung zeige offensichtlich kein Interesse für Empfehlungen und Kritik der Zivilgesellschaft.

Als Beweis dafür, dass die Regierung kein Interesse an echten Beratungen, Vorschlägen und Kritik der Zivilgesellschaft zeigt, sieht der Gisti etwa die Tatsache, dass die Einladungen und die Tagesordnung der Beratungen stets sehr kurzfristig verschickt werden, wenige Tage vor dem Termin. Außerdem habe die Regierung bereits erklärt, dass sie den Gesetzentwurf im Schnellverfahren verabschiedet sehen will.

Einen Beweis dafür, dass der noch nicht vollständig bekannte Gesetzentwurf in der falschen Richtung gehen wird, sieht der Gisti in den migrationspolitischen Entscheidungen der letzten Wochen, darunter dem eben erwähnten umstrittenen Rundschreiben des Innenministers an die Präfekten.


(mc)