Misstrauensvotum in der Assemblée Nationale nach Renten-Dekret : Parlamentarische Abstimmung gegen Sonnenkönig Macron knapp gescheitert

Parlamentarische Abstimmung gegen Sonnenkönig Macron knapp gescheitert

Nach fast zwei Monaten der Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich stritt das Parlament am Montag, dem 20. März, über zwei Misstrauensanträge. Eingebracht wurden diese von der "Gruppe Liot" und dem Rassemblement National aka FN. Beide fordern den Rücktritt von Regierung und Präsident Macron. Vergangene Woche hatte Premierministerin Elisabeth Borne zum 11. mal den Paragraf § 49-3 bemüht, diesmal, um die Debatte zum Reformpaket zu beenden und per Dekret dessen Umsetzung zu verordnen.

Die sehr theatralische Darbietung linker und rechter Abgeordneter in der Assemblée spiegelten verbal die Empörung wieder, die auch auf der Straße wächst. Seit Tagen gibt es Frankreichweit Streiks und Blockaden. In großen Städten kam es bei Demonstrationen wiederholt zu Ausschreitungen. Die überbordende Polizeigewalt der letzten Tage war ebenso Gegenstand der Parlamentsdebatte, wie die Kritik am anhaltenden antidemokratischen Stil von Macron und seinem Umfeld.

Bertrand Pancher, Präsident der parlamentarischen "Liot Gruppe" warb für seinen Entwurf und erntete die zu erwartende Unterstützung von der NUPES, LFI, den Grünen EELV et cetera.
Für die makronistin Aurore Bergé seien die Troublemakers zu ihrer linken zu finden. Die „Blockadepolitik“ der NUPES und Sozialisten sei für die Bühne des Rassemblement National verantwortlich. Democrates, Horizons, LR und natürlich die Renaissance aka LREM stellten sich unterschiedlich klar gegen den Antrag und sprachen damit der Premierministerin ihr Vertrauen aus.

Elisabeth Borne griff die Debattenkultur der Oppositionellen an und unterstellte ihnen „Antiparlamentarismus“. Einige Abgeordnete seien „Saboteure“ der Diskussion, die durch „skrupellose Missachtung der Institutionen“ die „Früchte des Chaos“ ernten wollten. Manche erlaubten sich „alle Formen der Gewalt“ und „Hass dürfe keinen Platz“ in diesem Parlament haben. Für die Premierministerin bleibt der Gesetzentwurf zur Rentenreform eine „Frucht der parlamentarischen Demokratie“ und diese würde am Ende siegen.

Über 70 % der StaatsbürgerInnen lehnten die geplante Reform letzten Umfragen zufolge ab. Seit Ende der Woche häufen sich Streiks bei Verkehrs- und Energiebetrieben, etwa mit effektiven und geplanten Blockaden der Raffinerien in Gonfreville-l'Orcher (Total), in Lavéra (Esso) und Port-Jérôme-Gravenchon (Esso-ExxonMobil). Ordnungskräfte gehen seit Tagen rigoros gegen DemonstrantInnen vor. Unter anderem die in einem gefestigten Streik befindlichen Müllabfuhren erfuhren am Freitag einen Polizeieinsatz gegen die Gewerkschafter von Syctom im süden von Paris. Die Blockaden wurden jedoch nicht erfolgreich aufgelöst.

Für kommenden Donnerstag wird erneut dazu aufgerufen, „Frankreich lahmzulegen“, worauf manch Oppositionelle auch während der Debatte vom Montag aufmerksam machten. Verschiedene Gewerkschaften, linke Gruppen und außerparlamentarische Bewegungen wie manche Gelbwestengruppen erklärten, die Proteste aufrechterhalten zu wollen. Die Nominative Abstimmung zum Antrag der „Liot“-Gruppe scheiterte um 9 Stimmanteile. Sollte der Vorschlag des RN scheitern, was als absehbar gilt, wird Macrons Rentenreform zum Gesetz. Zehntausende versammelten sich am frühen Abend, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. (LS)