Druck von der Straße hat sich gelohnt: Polens Präsident legt Veto gegen Großteil der Justizreform ein

Polens Präsident legt Veto gegen Großteil der Justizreform ein

Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am gestrigen Montag den Grossteil der umstrittenen Justizreform blockiert. Er weigerte sich, zwei der drei Gesetze zu unterschreiben, die die Justiz unter dem direkten Einfluss der Regierung und des Parlaments gebracht hätten. Der anhaltende Druck der zehntausenden Polinnen, die mehr als einer Woche lang jeden Tag für die Gewaltenteilung und den Unabhängigkeit der Justiz demonstrierten, hat sich offenbar gelohnt. Einer Umfrage zufolge lehnt 55 Prozent der polnischen Bevölkerung die Justizreform ab.

Konkret lehnte Präsident Duda zum einen das Gesetz, mit dem der Justizminister Richterinnen vom Obersten Gerichtshof vorzeitig hätte entlassen und neu besetzen können. Zum anderen lehnte er das Gesetz ab, mit dem das polnische Parlament die Mitglieder des Landesrichterrats hätte wählen können. Das Landesrichterrat entscheidet über die Ernennung von Richterinnen. Mit dem Veto des Präsidenten werden die Mitglieder dieses Verfassungsorgans weiterhin von den Richtern selbst gewählt. Das dritte Gesetz allerdings will Präsident Duda unterzeichnen. Damit dürfte der Justizminister künftig die Vorsitzenden aller gewöhnlichen Gerichte entlassen und neu besetzen.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International begrüssten Dudas Veto, forderten aber gleichzeitig, dass er sein Veto auch gegen das dritte Gesetz einlege. Sie forderten auch von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten Druck auf die Regierung und den Präsidenten Polens in diese Richtung.

Kommentatoren in verschiedenen Medien sehen im Veto eine Aktion der Unabhängigkeit von Präsident Duda gegenüber Jaroslaw Kaczynski, Gründer und Vorsitzender der regierenden nationalistisch-konservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit". Andrzej Duda war 2015 als relativ unbekannter Kandidat dieser Partei zum Präsidenten gewählt worden.

Mit dem Veto des Präsidenten muss sich das polnische Parlament erneut mit den zwei abgelehnten Gesetze befassen. Das Parlament könnte theoretisch die Gesetze in ihrer aktuellen Form bestätigen, aber die nationalistisch-konservative Regierung hat nicht die dafür notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit. Präsident Duda kündigte an, er werde eigene Vorschläge für die Überarbeitung dieser Gesetze machen, was heissen könnte, dass er eigentlich nicht grundsätzlich dagegen ist, die Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken.

(mc)