Schwache Proteste gegen Justizreform in Polen

Schwache Proteste gegen Justizreform in Polen

Die Proteste gegen die Justizreform in Polen sind am Freitag Abend schwächer als die letzten ausgefallen. In Warschau demonstrierten laut der Online-Zeitung Telepolis zwischen 1.500 und 10.000 Menschen je nachdem, ob man der Polizei oder liberalen Medien traut. Insgesamt fanden Demonstrationen in rund 100 Städten statt. Der Protest fand an dem Tag statt, an dem das Parlament nach viermonatiger Pause erneut über die Justizreform debattierte.

Obwohl er früher derselben konservativ-nationalistischen Partei angehörte wie die Regierung, hatte Polens Präsident Andrzej Duda im Juli Teile der Justizreform mit einem Veto gestoppt. Danach hatte er eigene Alternativvorschläge eingereicht. Doch aus Sicht von 28 Nichtregierungsorganisationen unterminieren sowohl das ursprüngliche Vorhaben der PiS-Regierung als auch die Vorschläge der Präsidenten die Unabhängigkeit der Justiz. Die Justizreform ist auch einer der Gründe, warum die Europäische Union ein Verfahren über die Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet hat.

Unter anderem soll der Landesgerichtsrat, der die Richterinnen ernennt, nicht länger durch Wahlen innerhalb des Justizwesens besetzt werden, sondern direkt vom Parlament bestimmt werden. Die PiS-Regierung wollte, dass die Wahl des Landesgerichtsrats per einfacher Mehrheit im Parlament erfolgt. Der polnische Präsident schlägt nun stattdessen eine Mehrheit von 60 Prozent im Parlament vor, wodurch es einer Regierung etwas schwerer fallen würde, die Justiz parteipolitisch zu beeinflussen. Für den Fall, dass keine 60-Prozent-Mehrheit im Parlament zustande kommt, fordert der Präsident jedoch, dass die Ernennung des Landesgerichtsrats dem polnischen Präsidenten alleine überlassen sein sollte.

Ausserdem will die PiS-Regierung das Oberste Gericht binnen 30 Tage neu besetzen können, und sich damit über die vorgeschriebene Amtszeit seiner Richterinnen hinwegsetzen. Das Oberste Gericht kontrolliert unter anderem die Rechtmässigkeit von Abstimmungen. Der polnische Präsident fordert stattdessen, dass Richter des Obersten Gerichts mit 65 statt bislang 70 in Rente gehen müssen oder eine Ausnahme beim polnischen Präsidenten beantragen müssen. Das würde faktisch genauso dazu führen, dass die meisten Richterinnen ersetzt werden könnten.

(mc)